Gemeinsam mit der Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche der Pfalz, Dorothee Wüst, rief der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann zur Teilnahme an der Bundestagswahl auf. Neben dem Aufruf zur Stimmabgabe kritisierten die beiden Kirchenvertreter, dass der Wahlkampf genutzt werde, um Ängste zu schüren. Zugleich verwiesen sie auf den Wahlaufruf der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK). Die Wahl am Sonntag sei eine Entscheidung „über die Zukunft unseres Landes“, betonten sie in der Erklärung vom Mittwoch.
Bei der Bundestagswahl die Haltung der Nächstenliebe bewahren
Die Bundestagswahl sei für alle eine wichtige Gelegenheit, Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen und „im Geiste des Evangeliums für Gerechtigkeit und Frieden einzutreten“, erklärten Bischof Wiesemann und Wüst. Die Demokratie lebe, weil alle eine Stimme haben. „Lassen Sie uns von diesem Recht Gebrauch machen und unsere Stimme mit Bedacht einsetzen“, betonen sie.
In der Mitteilung kritisieren Wiesemann und Wüst, dass sie mit Besorgnis erkennen müssen, dass „im Wahlkampf oft Ängste geschürt werden“. Insbesondere in der Thematik der Migration sei eine Rhetorik zu erkennen, die spaltet, anstatt zu verbinden, warnen die Kirchenvertreter. „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Sie verweisen darauf, dass Jesus selbst vorgelebt hat, dass jeder Mensch eine unantastbare Würde besitzt. Weiter rufen sie dazu auf, als Christinnen und Christen „eine Haltung der Nächstenliebe“ zu bewahren und diejenigen zu unterstützen, die sich für eine Politik einsetzen, die Menschen respektvoll begegnet.
In ihrer Erklärung vor der Bundestagswahl verwiesen der Speyerer Bischof und die evangelische Kirchenpräsidentin auf den gemeinsamen Wahlaufruf der Bischofskonferenz, der evangelischen Kirche und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen. Darin betonen die Verfasser, dass die politischen Debatten die „wehrhafte Demokratie“ herausforderten.„Wenn sich unsere Gesellschaft immer mehr polarisiert, bis sich Menschen unversöhnlich gegenüberstehen, haben extremistische Kräfte leichtes Spiel“, heißt es in dem Wahlaufruf. Extremismus, besonders aber völkischer Nationalismus, sei nicht mit dem Christentum vereinbar, warnen sie.
Blick über die eigenen Landesgrenzen hinaus
Der „Schutz des Lebens“ ist einer der vielen Punkte, die im ökumenischen Aufruf von DBK, EKD und ACK hervorgehoben werden. Jeder Mensch habe die gleiche „unveräußerliche Würde“, erklären die Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche sowie anderer christlicher Organisationen. Deutschland müsse Europa weiter „als den gemeinsamen Raum von Freiheit, Recht, Sicherheit und Wohlergehen stärken“. Zugleich müsse das Land aber auch dem weltweiten Frieden und den Menschenrechten dienen, heißt es weiter. Es sei für „die Zukunft des Planeten und zur Bewahrung der Schöpfung“ ein Beitrag zu leisten.
Doch der Blick dürfe nicht nur ins Landesinnere gerichtet sein, sondern auch auf „globale Erfordernisse und Nöte“. Das Land müsse „zur Überwindung von Armut und Unterdrückung in aller Welt beitragen“, so die Vertreter in der gemeinsamen Botschaft. „Unser Land muss einer humanitär orientierten Flüchtlingspolitik und einer guten Integration von Zuwanderern verpflichtet bleiben“, richten sie ihren Blick auf die Migrationsdebatte. Entstandene Probleme sollten entschlossen, „aber ohne Ressentiments“ angepackt werden.
Außerdem betonten sie, dass „unser Land auf Teilhabe und Gerechtigkeit setzen muss“. Dazu gehöre auch eine Soziale Marktwirtschaft, die ein weiterhin funktionierendes System der sozialen Absicherung gewährleistet. Umfragen zufolge liegt die CDU/CSU vor der Bundestagswahl am 23. Februar bei etwa 30 Prozent. Dahinter folgt die AfD mit knapp 20 Prozent, gefolgt von SPD und Grünen mit je rund 15 Prozent. Für den Einzug in den Bundestag werden mindestens fünf Prozent benötigt. Ob FDP, Linke und BSW diese Grenze erreichen, ist derzeit offen.