Der Präsident des Münchener ifo-Instituts, Clemens Fuest, plädiert dafür, das Elterngeld abzuschaffen. In der Unterstützung sieht er angesichts möglicher Sparpläne der neuen Bundesregierung mehr ein „nice-to-have“ als eine Priorität. Der Familienbund der Katholiken verteidigt das Elterngeld, das es Eltern von neugeborenen Kindern ermöglicht, während dieser Zeit nicht zu arbeiten und dennoch einen Teil ihres Einkommens – finanziert durch Steuergelder – zu erhalten.
Ifo-Chef fordert Abschaffung von Subventionen wie Elterngeld
Mit Blick auf mögliche Etatkürzungen bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen sprach sich Fuest für eine Streichung des Elterngelds aus. Da viele Empfänger finanziell gut aufgestellt seien, stelle sich die Frage der Bedürftigkeit. „Bei allen staatlichen Leistungen muss überprüft werden, ob sie zielgenau wirken“, sagt der Präsident des volkswirtschaftlichen Forschungsinstituts in Richtung Union und SPD. Da es bei Subventionen stets Gründe für deren Fortbestand gibt, könnte man auch eine allgemeine Lösung in Erwägung ziehen. So könne man, wenn man sich nicht auf Auseinandersetzungen im Detail einlassen wolle, „die Rasenmähermethode anwenden: Generelle Kürzung um beispielsweise 50 Prozent“, erklärte Fuest.
Auch könnte eine Streichung schrittweise durchgeführt werden. Acht Milliarden Euro sind jährlich im Bundeshaushalt für das Elterngeld vorgesehen. „Für schwierig, aber notwendig“ hält Reint Gropp, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, die Abschaffung von Subventionen. In einem solchen Fall dürfe die Politik auch vor liebgewonnenen Unterstützungsleistungen nicht zurückschrecken.
Im Gegensatz dazu hob Ulrich Hoffmann, der Präsident des Familienbundes, hervor, dass das Elterngeld eingeführt wurde, „um Eltern den finanziellen Spielraum zu geben, sich in den ersten Lebensmonaten ihres Kindes auf dessen Betreuung und Erziehung konzentrieren zu können“. Die Förderung trage dazu bei, Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren. Sie schaffe eine Grundlage „für eine den Wünschen der Eltern entsprechende Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit“.
Unterstützung der Familien hat Priorität
Hoffmann warnte, dass eine Herabwürdigung des Elterngeldes als unnötig oder sogar überflüssig der gesellschaftlichen Realität nicht gerecht werde. Eine Kürzung oder Streichung könne die Familienpolitik „massiv zurückwerfen“. Vor allem Eltern mit geringerem Einkommen träfe die Abschaffung hart, erklärt der Präsident des Familienbundes. „Denn nicht alle Eltern sind finanziell so aufgestellt, auf ein Einkommen komplett verzichten zu können“, führt er aus. Zudem seien in der vergangenen Legislaturperiode Einkommensgrenzen herabgesetzt worden, so Hoffmann. In Deutschland fließt ein erheblicher Teil des Geldes, das ein Arbeitgeber in einen Arbeitnehmer investiert, direkt an den Staat, sei es durch Steuern oder diverse Sozialabgaben, wie etwa für die staatliche Kranken- und Rentenversicherung. Familien erhalten jedoch einen Teil des von ihnen erwirtschafteten Einkommens durch Kindergeld und andere Transferleistungen zurück.
Neben dem Familienbund der Katholiken verteidigt auch der Verband kinderreicher Familien das Elterngeld. Wer das Elterngeld infrage stellt, verkenne „seine Bedeutung für die Stabilität unserer Sozialsysteme, die Fachkräftesicherung und eine nachhaltige Finanzpolitik.“ Familien seien das Fundament der Gesellschaft und deren Unterstützung müsse Priorität haben.
Durch das Elterngeld hätten Eltern die Möglichkeit, sich in den ersten Monaten nach der Geburt auf ihr Kind zu konzentrieren und dabei nicht in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Die Höhe des Elterngeldes richte sich nach dem Einkommen des betreuenden Elternteils vor der Geburt des Kindes und dem Verlust von Einkommen nach der Geburt, heißt es weiter. Eltern mit höherem Einkommen erhalten 65 Prozent ihres vorherigen Einkommens, während Eltern mit geringerem Einkommen bis zu 100 Prozent ihres Voreinkommens bekommen. Zudem sichere das Elterngeld „die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und stärkt damit langfristig die Erwerbsbeteiligung, insbesondere von Müttern“.