Der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Müller, äußerte sich gegenüber der britischen Zeitung The Times zu seinen Erwartungen an den nächsten Papst. Dieser müsse „rechtgläubig sein, weder liberal noch konservativ“. Kardinal Müller nimmt selbst am bevorstehenden Konklave teil. Er betonte, dass es nicht um einen Kampf „zwischen Konservativen und Liberalen“ gehe, sondern vielmehr „zwischen Rechtgläubigkeit und Häresie“.
Kardinal Müller: Franziskus war ein guter Mann
Kardinal Müller betete, „dass der Heilige Geist die Kardinäle erleuchtet, denn ein häretischer Papst, der sich jeden Tag ändert, je nachdem, was die Massenmedien sagen, wäre katastrophal“, sagte er mit Blick auf die anstehende Papstwahl. The Times berichtet weiter, dass sich Müller gegen volksnahe Päpste wandte, die etwa Babys umarmen und küssen – ein Seitenhieb auf Papst Franziskus‘ letzte Fahrt im Papamobil. „Nicht jeder will von alten Männern geküsst werden“, zitierte ihn die Zeitung schmunzelnd.
Kardinal Müller war rund ein Jahrzehnt Bischof von Regensburg. Papst Benedikt XVI. berief ihn später zum Präfekten der Glaubenskongregation. Papst Franziskus verlängerte seine fünfjährige Amtszeit im Jahr 2017 nicht mehr. Müller bekräftigte im Interview erneut, warum er als einer der schärfsten Kritiker des von Franziskus eingeschlagenen Kurses gilt. Gleichwohl unterstrich er, dass Franziskus „ein guter Mann gewesen sei“. Der nächste Papst solle jedoch nicht „den Applaus der säkularen Welt suchen, die die Kirche als eine humanitäre Organisation sieht, die soziale Arbeit leistet“. 2017 veröffentlichte Müller sein Buch Der Papst. Sendung und Auftrag.
Kardinäle bei Generalkongregationen: Nicht von Schlagzeilen beeinflussen lassen
Im Gegensatz zum Konklave, bei dem den Kardinälen der Kontakt zur Außenwelt und untereinander untersagt ist, begegnen sich die Kardinäle derzeit bei den Generalkongregationen zum Austausch. Dabei werden wichtige Entscheidungen in Bezug auf die Sedisvakanz und das kommende Konklave getroffen. Gegenüber The Times äußerte Kardinal Müller die Hoffnung, „dass die Kardinäle nicht so sehr von dem beeinflusst werden, was sie in den Schlagzeilen lesen“. Bei der Wahl des neuen Papstes gehe es darum, „einen Mann zu wählen, der in der Lage ist, die Kirche in der offenbarten Wahrheit zu vereinen“.
Müller erklärte, dass er bei den Treffen der Kardinäle für seinen dogmatischen Katholizismus eintrete: „Ich muss es tun, ich bin meinem Gewissen verpflichtet.“ Katholiken seien jedoch nicht verpflichtet, „einer Lehre zu folgen, die falsch ist“, betonte er. „Im Katholizismus geht es nicht darum, dem Papst blind zu gehorchen, ohne die Heilige Schrift, die Tradition und die Lehre der Kirche zu respektieren.“
Wie auch sein deutscher Kardinalskollege, Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, nahm Müller Bezug auf den Hollywood-Film Konklave. Die Papstwahl sei „kein Machtspiel, das von dummen Menschen gespielt wird, um zu manipulieren“. Der Film habe „nichts mit der Realität zu tun“.
Bislang hat der Vatikan noch keinen Termin für den Beginn des Konklaves bekannt gegeben. Der früheste mögliche Termin wäre der 5. Mai, da die neuntägige Trauerzeit (Novemdiales) am 4. Mai endet. In der Vergangenheit dauerte das Konklave im 20. und 21. Jahrhundert maximal vier Tage. Dieses Mal könnte es jedoch länger dauern, da sich die Kardinäle unter Papst Franziskus nur selten persönlich getroffen haben und sich daher kaum kennen.