StartGlauben„Ascendit Deus in iubilatione“ – Christus als der Erhöhte: Eine theologische Betrachtung

„Ascendit Deus in iubilatione“ – Christus als der Erhöhte: Eine theologische Betrachtung

Die Himmelfahrt des Herrn ist nicht sein Verschwinden. Er ist nicht danach abwesend. Christi Himmelfahrt ist darum kein Blick nach oben in die weite Ferne. Christus steigt auf in den Himmel, und der Erhöhte sitzt „zur Rechten Gottes erhöht“ (Apg 2,33). Aber dieser Himmel ist nicht ein ferner Ort jenseits der Wolken, sondern die innere Wirklichkeit der göttlichen Beziehung, in der Person des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Die ontologische Dimension der Himmelfahrt

Christi Himmelfahrt offenbart die ontologische Konsequenz der Auferstehung. Der auferstandene Leib Jesu, der nicht mehr dem Tod unterliegt, ist nicht dazu bestimmt, auf Erden zu verweilen. Die Erde kann ihn nicht fassen. In der Himmelfahrt tritt Christus nicht aus der Welt, sondern er erhebt die Welt in sich hinein. „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“ (Joh 12,32): Dieses Wort Jesu erfüllt sich in der Hinaufnahme seiner Menschennatur in die unaussprechliche Gemeinschaft der göttlichen Personen.

Dogmatisch betrachtet ist die Himmelfahrt Christi der Akt, in dem die hypostatische Union ihre höchste Form annimmt: Der Logos trägt das inkarnierte Fleisch, durch das er gewirkt hat, in die göttliche Sphäre zurück, als gegliederte, bleibende Leiblichkeit. Die Theologie der alten Konzilien – besonders Chalcedon (451) – ringt an dieser Stelle mit der paradoxen Würde der menschlichen Natur: Christus steigt auf, nicht als irgendein Geistwesen. Er ist auch nicht ein Mensch, der durch die Himmelfahrt Gott wird, sondern als der Sohn, der mit Leib und Seele Mensch ist und bleibt – und gerade so „mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit“ (Kol 3,4).

Der Ort der Herrlichkeit Christi ist die Rechte des Vaters, die innere Machtposition in der göttlichen Trinität. So wird der Himmel neu definiert: Nicht mehr als der bloße Wohnort Gottes. Jetzt thront der erhöhte Christus dort – als „das Haupt“, dessen „Leib aber ist die Kirche“ (Kol 1,18). Die Kirche lebt aus dieser Spannung: Ihr Herr ist nicht unter ihr, aber auch nicht außerhalb ihrer. Er ist über ihr, um sie aus sich selbst zu tragen bzw. in sich selbst hineinzuziehen.

Kirchliche Zeit und sakramentale Gegenwart

In der Himmelfahrt beginnt die kirchliche Zeit, die die Ausstrahlung der erhöhten Christusgegenwart einläutet. Der Geist, der an Pfingsten kommt, ist der Hauch des Erhöhten: „Und ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll“ (Joh 15,26). Der Glaube, der sich in der Kirche entfaltet, ist Antwort auf diesen himmlischen Beistand. Und die Liturgie, die das Kommen und Gehen Christi feiert, existiert aus jener Paradoxie: Christus ist nicht mehr sichtbar, um desto gegenwärtiger zu sein; er ist verhüllt, um durch die Sakramente wirklicher zu wirken, als es ein irdisches Auge fassen könnte.

Die Himmelfahrt Christi ist auch der Anfang der Eschatologie: Der erste Mensch, der neue Adam, ist in die göttliche Mitte eingegangen, damit alle, die ihm angehören, Anteil an der Erhöhung gewinnen: „Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin“ (Joh 14,3). Das ist nicht bloße optimistische Zukunftshoffnung. Das ist gegenwärtige Realität im Modus des Glaubens. Die Kirche betet nicht um Rückkehr Christi, sondern um das Sehen dessen, was jetzt schon ist: „Sursum corda – empor die Herzen!“ ruft die Liturgie – und meint damit nichts Geringeres als den inneren Aufstieg der Gläubigen zu dem, der erhöht ist und dennoch gegenwärtig bleibt.

Der erhöhte Christus als Schlüssel zur Theologie

Am Ende wird die Himmelfahrt zu einem Ort der Theologie selbst: Wer Gott erkennen will, muss den erhöhten Christus betrachten. Wer über den Menschen nachdenken will, muss sich fragen, wie Fleisch und Blut – in Christus – bereits in der Herrlichkeit des Vaters wohnen können. Und wer Kirche verstehen will, darf nicht beim Sichtbaren stehen bleiben, sondern muss sie von ihrem Haupt her deuten: Christus, erhöht, verborgen, gegenwärtig – und bleibend.

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