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Christen in Indien: Verhaftungen und Angriffe nehmen zu

Der Anteil der Christen in Indien, dem 1,4 Milliarden Einwohner zählenden Land in Südasien, beträgt etwa 5,5 Prozent. In ihrer Religionsfreiheit sind Christen in elf Bundesstaaten durch sogenannte Anti-Bekehrungsgesetze stark eingeschränkt. Dieses Gesetz sowie das Strafgesetzbuch werden oftmals dazu missbraucht, Christen fälschlicherweise der Missionierung oder Zwangsbekehrung zu beschuldigen.

Erstmals kam es in Indien im Bundesstaat Uttar Pradesh aufgrund angeblicher Konversion vom Hinduismus zum Christentum zu einer Verurteilung gegen zwei Christen. Zu einem gewaltsamen Übergriff auf christliche Gemeinden kam es am 26. Januar, dem Tag der Republik, im Bundesstaat Chhattisgarh. Diktatorische Paranoia und religiös motivierter Nationalismus verstärken die Gewaltbereitschaft und die Verfolgung der Christen in Indien.

Pastor und dessen Frau zu Gefängnisstrafe verurteilt

Ein Sondergericht in Uttar Pradesh verurteilte erstmals in der Geschichte Indiens einen Pastor und dessen Frau wegen angeblicher Konversion zu einer langen Haftstrafe. Wie der asiatische Pressedienst Ucanews berichtete, beträgt die Strafe je fünf Jahre Gefängnis sowie umgerechnet rund 300 Euro Geldstrafe. Pastor Joy Mathew, der das Paar unterstützt, kündigte umgehend an, Einspruch gegen das Urteil einzulegen und erhielt Zuspruch von Menschenrechtsaktivist AC Michael. Ein Bekehrungsversuch sei nach dem Gesetz nicht strafbar und würde einem höheren Gericht nicht standhalten, zeigt sich Michael zuversichtlich. Mit mehr als 200 Millionen Einwohnern ist Uttar Pradesh der bevölkerungsreichste Teilstaat des Landes und hat zudem die strengsten Gesetze gegen Bekehrung. Der Anteil von Christen in dem von dem hindu-nationalistischen Hardliner Yogi Adityanath regierten Staat beträgt weniger als 1 Prozent. Von insgesamt 585 antichristlichen Angriffen stammten 209 aus diesem Bezirk.

Angriffe auf Christen in Indien nehmen zu

Zu weiteren Vorfällen kam es im Bundesstaat Chhattisgarh. Hier wurden sieben Christen von hinduistischen Hardlinern der radikalen Hindu-Gruppe Bajrang Dal der Zwangskonversion beschuldigt. In der Folge wurden sie in zwei getrennten Fällen am 26. Januar, dem Tag der Republik, verhaftet. Die Verhaftung löste landesweite Besorgnis innerhalb der christlichen Gemeinde aus. Nach Angaben des Präsidenten des Christlichen Forums von Chhattisgarh geschah der Angriff in Mowa unweit der Landeshauptstadt Raipur, nachdem Christen nach dem Sonntagsgottesdienst an einer Zeremonie zum Hissen der Nationalflagge teilgenommen hatten. Während der Zeremonie griff die radikal hinduistische Gruppierung die Gläubigen an und erstattete Anzeige aufgrund vermeintlicher Zwangskonversion. Daraufhin griff die Polizei ein, verhaftete drei Christen und klagte diese wegen Verstoßes gegen das Antikonversionsgesetz an. Die Polizei gilt in vielen Staaten als korrupt, die bei Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen nicht nur zuschauten, sondern sich selbst in einigen Fällen schuldig machten.

Insbesondere in Chhattisgarh verschärfte sich die Situation für Christen in Indien. Ein Beispiel hierfür ist die Verhaftung eines Pfarrers und drei Begleitern, die ebenfalls am 26. Januar in dem Dorf Sarwat (Distrikt Balrampur) verhaftet wurden. Während einer Razzia durchsuchte die Polizei die Wohnung des Geistlichen und beschlagnahmte Bibeln sowie christliche Broschüren. Bei dem Angriff wurden nach Angaben von Pannalal mehrere Christen so schwer verletzt, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. Ein Opfer befinde sich weiter in kritischem Zustand. Die Gemeinde sei schockiert, so Pannalal, und kritisiere, dass ihnen nicht gestattet sei, den Tag der Republik zu feiern.

Situation für Christen in Indien zunehmend prekär

Im Jahr 2014 wählte die Bevölkerung Narendra Modi zum Premierminister Indiens, obwohl er bereits dafür kritisiert wurde, als damaliger Regierungschef des Bundesstaates Gujarat nichts zum Schutz von Hunderten von Muslimen unternommen zu haben. Diese wurden bei den Pogromen in Gujarat von Hindu-Extremisten getötet. Seit Modi an der Spitze der Regierung steht, nahmen die Übergriffe auf Christen stetig zu. Sowohl Frauen als auch Männer sind physischen und psychischen Attacken ausgesetzt, die zur Ausgrenzung aus der Gesellschaft führen. Durch Kontrollen geben Bürgerwehren Gebetstreffen bekannt und bilden somit die Grundlage für Angriffe in Form von Schlägertrupps, Säureattacken oder Ehrenmorden. Eine Finanzierung aus dem Ausland ist für christliche Organisationen aufgrund der Einschränkungen durch Gesetze wie dem „Foreign Contributions Regulation Act“ (FCRA – Gesetz zur Regulierung ausländischer Spenden) quasi unmöglich. In Folge der Erlassung des FCRA erloschen zahlreiche Lizenzen von Nichtregistrierungsorganisationen, darunter auch kirchliche.

Ein kirchliches Leben ist zwar möglich, doch besteht für die Christen dauerhaft die Gefahr, der Zwangsbekehrung beschuldigt zu werden. Schon alleine über den Glauben zu sprechen, ist verboten, da es als Weitergabe des Evangeliums betrachtet wird. Für Kinder besteht in der Schule die Pflicht, an hinduistischen Lehrstunden wie Yoga, der hinduistischen Literatur oder Mythologie teilzunehmen. An diese Lehrpläne müssen sich sogar christliche Schulen richten. Wer als christlicher Tourist nach Indien einreist, muss im Vorfeld eine Erklärung abgeben, in der er bestätigt, weder zu predigen noch andere zum Glaubenswechsel zu ermutigen.

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