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Christen in Syrien – Die Angst vor neuen Gefahren

Nach dem Ende der weitgehenden Herrschaft des Assad-Regimes über große Teile der syrischen Bevölkerung herrscht ein Wechselbad der Gefühle. Viele Menschen spüren Erleichterung und genießen die neu gewonnene Freiheit, doch die Angst bleibt. Wie geht es weiter? Gibt es eine neue autoritäre Regierung? Besonders unter den Christen in Syrien ist die Angst vor neuen Herausforderungen und Gefahren groß. Denn nach dem Sturz des Assad-Regimes kontrolliert die Dschihadisten-Miliz Hayat Tahrir al-Scham die Straßen Syriens. Hier stellt sich die Frage: Stürzt das Land von einer politischen Krise in die nächste?

Droht die Auslöschung der Christen in Syrien?

Minderheiten leiden derzeit am meisten unter der Unsicherheit. Viele Christen, die mit einem Anteil von 10 Prozent zur Minderheit gehören, vermeiden es, auf die Straße zu gehen. Zu groß ist die Angst, von der islamistischen Miliz angegriffen zu werden. Sie fühlen sich nach dem Sturz des Regimes schutzlos, denn diesen Schutz genossen sie mehr oder weniger unter Assad. Dieser gehörte der Minderheit der Alawiten an (12 Prozent). So schützte sich eine Minderheit vor der Mehrheit der Sunniten (74 Prozent). Der Assad-Clan erkannte unter anderem christliche Feiertage an, wodurch die Christen in Syrien die Möglichkeit hatten, ihren Glauben offen zu praktizieren, ohne einer systematischen Verfolgung ausgesetzt zu sein. So galt Syrien als das sicherste Land für Christen. Doch wird das auch in Zukunft so bleiben?

Durch den politischen Umsturz verändert sich in Syrien ein jahrzehntealtes Modell, in dem Christen weitestgehend ungefährdet leben konnten. Der französische Nahost-Spezialist Pierre-Jean Luizard zeigt sich besorgt über die Situation der Christen in Syrien. Generell könnten Minderheiten zu Zielen von Angriffen der Rebellen- und Dschihadistenbewegungen werden, sagte er im Interview mit Radio Vatikan. So laufen die christlichen Gemeinschaften Gefahr, ausgelöscht zu werden, warnt er vor der Zukunft. Dennoch müsse beachtet werden, dass der größte Hass zwischen Sunniten, Alawiten und Schiiten besteht. „Bei der Radikalisierung der Identität und der Konfessionen, die wir gerade erleben, wird vermutlich der Hass zwischen Sunniten und Schiiten den größten Schaden anrichten“, blickt er auf die politisch-religiöse Lage in Syrien.

Rebellen versprechen, Minderheiten zu schützen

Die Ungewissheit über die politische Situation für Christen bereitet auch der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) große Sorgen. So versucht die DBK, über sämtliche Kanäle mit den syrischen Ortskirchen und dem Patriarchen Johannes X. Jasidschi in Kontakt zu treten. Derzeit sind noch keine Übergriffe auf die christliche Minderheit vermeldet worden, berichtet der Präsident des katholischen Hilfswerks missio Aachen, Pfarrer Dirk Bingener. Das Hilfswerk steht seit den dramatischen Vorfällen in engem Austausch mit den Projektpartnern vor Ort. Trotz der großen Unsicherheit für Christen in Syrien besteht die Hoffnung auf eine bessere und friedvolle Zukunft. So sicherten die Rebellen allen Minderheiten im Land ihren Schutz zu. Diese Zusage der Rebellen wird von der DBK mit großem Respekt betrachtet, erklärte Sprecher Matthias Kopp.

Sicherung der Religionsfreiheit für Christen in Syrien

Für die Politikwissenschaftlerin Bente Scheller wird es zur Nagelprobe, ob dem Milizgeflecht in Syrien zu trauen ist. Diese hatten schließlich angekündigt, eine Regierung aufstellen zu wollen. Die bloße Zusicherung durch die islamistische Miliz Hayat Tahrir al-Scham reicht nicht aus, sagte sie gegenüber dem WDR 5. So müssten alle Minderheiten wie Christen, Alawiten oder Jesiden auch Rechte garantiert bekommen. „Und dieser Punkt wird sich noch beweisen müssen, ob das tatsächlich gelingt“, zweifelt die Politikwissenschaftlerin. Dennoch hält sie ein freiheitliches Politiksystem in Syrien für möglich, auch wenn die Regierung von einer islamistischen Miliz geführt werden sollte.

Denn die Menschen im Nahen Osten sind durch die Unterdrückungen durch den Islamischen Staat (IS) oder auch durch den Assad-Clan leidensgeprüft. Sie sind gegen all diese Gruppen auf die Straßen gegangen und haben für ihre Rechte gekämpft. Das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ ruft die zukünftige Regierung dazu auf, den Schutz der Grundrechte sowie der Religionsfreiheit zu fördern und zu garantieren. Man beobachtet mit Freude, dass diese in den letzten Tagen zwar respektiert wurden, dennoch hätte die Erfahrung der Vergangenheit gezeigt, „dass die Religionsfreiheit in Zeiten der Instabilität in der Region stark eingeschränkt werden kann.“

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