StartGlaubenEstlands erster Seliger: Märtyrerbischof Eduard Profittlich seliggesprochen

Estlands erster Seliger: Märtyrerbischof Eduard Profittlich seliggesprochen

Am Samstag wurde der deutsche Jesuit Eduard Profittlich in Tallinn seliggesprochen. Er ist der erste Selige der katholischen Kirche in Estland. Profittlich starb 1942 unter sowjetischer Gewaltherrschaft, nachdem er sich bewusst entschieden hatte, bei seiner Gemeinde zu bleiben, obwohl ihm dies das Leben kosten würde. Kardinal Christoph Schönborn würdigte den Märtyrerbischof in seiner Predigt als einen Hirten, der auch im Wissen um den Tod bei seiner Herde blieb.

Märtyrerbischof Profittlich: Mut und Hingabe unter sowjetischer Gewaltherrschaft

Der emeritierte Erzbischof von Wien, Kardinal Christoph Schönborn, ging in seiner Predigt auch auf die aktuelle politische Lage ein. Besonders in der Region um Estland, das an Russland grenzt, bestehe die Sorge, dass alte Konflikte und Wunden erneut aufbrechen könnten. Krieg gehöre in dieser Gegend wieder zum bitteren Alltag, betonte Schönborn und verband damit die Gegenwart mit der Vergangenheit. Er erinnerte an die Zeit der sowjetischen Gewaltherrschaft, während der der deutsche Jesuit Eduard Profittlich 1942 im Gefängnis von Kirov ums Leben kam.

Profittlich, der damals in seine deutsche Heimat zurückkehren hätte können, entschied sich jedoch bewusst dafür, bei seinen Gläubigen in Tallinn zu bleiben – wohl wissend, dass ihn dies das Leben kosten würde. Profittlich erhielt den Rat von Papst Pius XII., das Wohl der Gläubigen zum Maßstab seiner Entscheidung zu machen. Daraufhin verfasste der deutsche Jesuit einen Brief an seine Familie, in dem er erklärte: „Es geziemt sich ja wohl, dass der Hirte bei seiner Herde bleibt und mit ihr Freude und Leid gemeinsam trägt.“

Die Briefe Profittlichs standen im Mittelpunkt der Predigt von Kardinal Schönborn, der ausführlich aus ihnen zitierte. So auch aus einem Schreiben, das die innere Freiheit Profittlichs offenbart: „Ich muss sagen, dass der Entschluss zwar einige Wochen der Vorbereitung kostete, ich ihn dann aber nicht etwa mit Furcht und Angst gefasst habe, sondern sogar mit großer Freude“, schrieb der Jesuit. Diese innere Freude, so erklärte der Kardinal, sei das Kennzeichen christlicher Märtyrer und zugleich das kraftvollste Gegenstück zu den menschenverachtenden Ideologien des 20. Jahrhunderts.

Historisches Ereignis in Tallinn

Die Feier am Samstag auf dem Freiheitsplatz in Tallinn war ein historischer Moment für die katholische Kirche in Estland. Mit dem deutschen Jesuiten Eduard Profittlich erhielt Estland seinen ersten Seligen. Für die estnische Gemeinschaft ein bedeutendes Ereignis. Insbesondere, wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahrzehnte vor Augen führt: Während die katholische Gemeinde in den 1970er Jahren kaum mehr als zehn Gläubige zählte, umfasst sie heute zwischen sieben- und zehntausend Mitglieder. Bei strahlendem Sonnenschein versammelten sich mehrere hundert Gläubige. Zu den Konzelebranten gehörten unter anderem der deutsche Erzbischof Georg Gänswein, päpstlicher Nuntius für die baltischen Länder, sowie Bischof Stephan Ackermann aus Trier, dem Heimatbistum von Eduard Profittlich.

Wie groß die Freude und die Dimension der Seligsprechung Profittlichs in Tallinn waren, wurde schon am Donnerstag spürbar. Von Donnerstag auf Freitag wurden im Kapitelsaal des Dominikanerklosters ununterbrochen die Namen estnischer Opfer kommunistischer Repressionen verlesen. Insgesamt 150 Vorleser aus verschiedenen Gesellschaftsschichten trugen innerhalb von 21 Stunden die Namen von 22.600 Menschen vor, die von Memento und dem Estnischen Institut für Historisches Gedächtnis identifiziert wurden.

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