StartKulturNach Notre-Dame: Gesteigertes Interesse an religiösem Bauerbe

Nach Notre-Dame: Gesteigertes Interesse an religiösem Bauerbe

Nach der Restaurierung der vom Brand zerstörten Pariser Kathedrale Notre-Dame setzen die französischen Bischöfe auf ein gesteigertes Interesse am Erhalt des religiösen Bau­erbes. In Marseille begann deshalb ein Projekt, das die Restaurierung der Marienstatue auf der Basilika Notre-Dame de la Garde vorantreibt. Ähnliches erlebten die Bewohner von Saint-Biez-en-Belin, die die Wiedereinweihung ihrer Kirche feiern konnten. Viele Kirchengebäude seien verfallen, und Bürgermeister seien „hin- und hergerissen“ zwischen den enormen Kosten und der Verbundenheit ihrer Gemeinde zu den Gebäuden. Eintrittsgebühren in restaurierte Kirchen lehnen die Bischöfe strikt ab.

Nicht nur Notre-Dame: Marienstatue in Marseille wird restauriert

Am 2. Februar startete in Marseille das Projekt, das sich auf die Restaurierung der Marienstatue der Basilika Notre-Dame de la Garde konzentriert. Die zwölf Meter hohe Statue blickt hoch über Marseille auf das Mittelmeer und zieht jährlich mehr als zwei Millionen Touristen an. Nach dem geltenden französischen Gesetz von 1905, das die Trennung von Kirche und Staat („laïcité“) regelt, sind Kirchengebäude Eigentum des Staates. Eine Ausnahme bildet allerdings eben jene Basilika der Stadt am Mittelmeer, denn diese ist weiterhin Eigentum der Erzdiözese. 2024 startete Kardinal Jean-Marc Aveline deshalb eine Kampagne zur Finanzierung der Restaurierung. Aufgrund der rund alle 30 Jahrer notwendigen Erneuerung der Vergoldung, belaufen sich die geschätzten Kosten auf rund 2,6 Millionen Dollar.

Vergleichbare Arbeiten gab es auch in Saint-Biez-en-Belin in der Normandie. Die etwas mehr als 700 Einwohner feierten am 1. März die Wiedereinweihung ihrer Kirche, nachdem die Gemeinde Restaurierungsarbeiten durchgeführt hatte. Der emeritierte Bischof Alain Planet von Carcassonne und Narbonne hat kürzlich im Auftrag der Bischofskonferenz einen umfassenden Bericht über das religiöse Erbe erstellt. Die im Januar veröffentlichten Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen, dass zahlreiche Kirchengebäude in ländlichen Gebieten verfallen sind. Bürgermeister seien „hin- und hergerissen zwischen der Verbundenheit mit dem oft einzigen denkmalgeschützten Erbe ihrer Gemeinde und der Überforderung durch die Belastung, die das für den Gemeindehaushalt darstellt“, erklärt der emeritierte Bischof.

Kirchen anderweitig nutzen

Die Ergebnisse der Umfrage führten zur Erstellung von zwei Dokumenten. Zum einen wurde ein Leitfaden für das Mäzenatentum im Bereich des religiösen Erbes erstellt. Somit wird denen, die Renovierungsarbeiten finanzieren wollen, das Verfahren erleichtert. Das andere ist ein in Zusammenarbeit mit dem Amt für religiöse Angelegenheiten des Innenministeriums entwickelter Vorschlag, um einen Rahmen für die „neue Nutzung“ von Kirchen zu schaffen. Ziel ist es, den Gemeinden zu helfen, die notwendigen Mittel für Renovierungsarbeiten zu beschaffen. Diese „Nebennutzungen“ seien mit dem katholischen Gottesdienst vereinbar, erklärte Bischof Planet. Es gebe schon Kirchen, in denen Aktivitäten wie die Aufnahme von Benachteiligten, Konzerte, Orgelunterricht oder Buchabgaben in der Bibliothek abgehalten werden, nennt der Bischof einen Teil der Nutzungsmöglichkeiten.

Schon bei der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame betonten die Bischöfe, dass ein kostenloser Zugang zu Kirchen wichtig sei. Die französische Kulturministerin Rachida Dati schlug vor, für den Besuch der Pariser Kathedrale eine Eintrittsgebühr zu erheben. Die Erzdiözese Paris verweigerte diesen Vorschlag umgehend. Eine Kirche sei ein lebendiger Ort, an dem sich Gläubige versammeln, so Bischof Planet. Es gehe nicht darum, „unsere Kirchen in die größten Museen Frankreichs zu verwandeln“. Das würde nicht das widerspiegeln, was in den Gemeinden geschehe, so Planet.

Weiter richtet sich die Umfrage auf das immaterielle religiöse Erbe wie Prozessionen, Bruderschaften oder traditionelle religiöse Feste. Diese erleben in den vergangenen Jahren ein zunehmend gesteigertes Interesse. Manchmal handele es sich einfach um eine Art „Folklorisierung religiöser Praktiken aus der Vergangenheit“, so Bischof Planet. Doch es ist auch eine Möglichkeit, aus den Quellen der Vergangenheit einen Glauben auszudrücken, der versucht, sich in der Sprache der Gegenwart zu artikulieren.

Aus der Perspektive der französischen Bischöfe könnte das wachsende Interesse am religiösen Erbe des Landes auch jenen zugutekommen, die sich stärker dem Glauben zuwenden möchten. Im Jahr 2024 wurde in Frankreich an Ostern eine Rekordzahl von über 12.000 Erwachsenen und Jugendlichen getauft. Viele von ihnen berichteten, dass das religiöse Erbe Frankreichs einen erheblichen Einfluss auf ihren Glaubensweg hatte.

VERWANDTE ARTIKEL

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beliebteste

Neue Kommentare

GodMag

FREE
VIEW