In den letzten Monaten ist die Zahl der Migranten, die über die Westroute auf den zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln ankommen, deutlich gestiegen. Vor diesem Hintergrund hat die spanische Regierung begonnen, unbegleitete minderjährige Schutzsuchende schrittweise vom Archipel auf das Festland zu verlegen. Am vergangenen Montag wurden zunächst zehn Jugendliche nach Madrid ausgeflogen, weitere 15 sollen bis Ende der Woche folgen. Wie die renommierte spanische Zeitung El País berichtet, ist geplant, in den kommenden Monaten wöchentlich bis zu 40 junge Asylsuchende auf das Festland zu bringen.
Spanische Regierung handelt bei jugendlichen Flüchtlingen
Der Plan sieht vor, künftig wöchentlich zwei Transfers mit jeweils 15 bis 20 Minderjährigen durchzuführen. Die Auswahl der Jugendlichen erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Organisation Engloba auf den Kanarischen Inseln sowie der Staatsanwaltschaft. Ziel dieses gemeinsamen Vorgehens ist es, den individuellen Bedürfnissen der jungen Menschen gerecht zu werden und ihr Wohl nachhaltig zu sichern. So sollen in den kommenden sechs Monaten rund 1.200 minderjährige Migranten aufs Festland verlegt werden.
Bislang haben die Behörden ein staatliches Aufnahmezentrum in Las Palmas eingerichtet, das unter dem Namen „Canarias 50“ bekannt ist. In dieser Einrichtung fanden bereits über 140 minderjährige Schutzsuchende vorübergehend Aufnahme. Dort werden sie behutsam versorgt, bis ihre Weiterverteilung und die individuelle Betreuung in geeigneten Einrichtungen sichergestellt werden können. 90 Prozent von ihnen sind Kriegsflüchtlinge aus Mali, unter denen sich auch viele Mädchen befinden.
Die geplante Verteilung der Kinder und Jugendlichen auf verschiedene Regionen Spaniens wird aktuell von der rechtspopulistischen Partei Vox instrumentalisiert, um ihren fremdenfeindlichen Diskurs zu befeuern und in der öffentlichen Debatte präsent zu bleiben.
Hoher Flüchtlingsstrom aus Kriegsgebieten
Um die Jugendlichen auf das spanische Festland verlegen und dort besser versorgen zu können, verpflichtete der Oberste Gerichtshof die sozialistische Zentralregierung zur Umverteilung. Zuvor hatte die kanarische Regionalregierung geklagt. Seit nunmehr zwei Jahren erfahren die spanischen Atlantikinseln vor der Westküste Afrikas einen starken Flüchtlingszustrom. Allein im vergangenen Jahr erreichten fast 46.000 afrikanische Bootsflüchtlinge die beliebten Ferieninseln. Darunter befanden sich zunehmend unbegleitete Minderjährige. Diese genießen nach spanischem Recht einen besonderen Schutz und müssen in betreuten Einrichtungen untergebracht werden. Derzeit leben etwa 5.800 Kinder und Jugendliche in rund 80 spezialisierten Unterkünften auf den Kanarischen Inseln. Diese Anzahl übersteigt die Aufnahmekapazität der Einrichtungen um das Dreifache und stellt die Verwaltung der Inseln vor enorme Herausforderungen.
Weder die sozialistische Zentralregierung unter Ministerpräsident Pedro Sánchez noch die übrigen Regionen auf dem spanischen Festland haben bislang Verantwortung für die Versorgung eines Teils der minderjährigen Schutzsuchenden übernommen. Vor diesem Hintergrund sah sich die Regionalregierung der Kanarischen Inseln gezwungen, rechtliche Schritte einzuleiten und vor Gericht zu klagen.
Nach der Gerichtsentscheidung zur Umverteilung der betreffenden Migranten zeigte sich Inselregierungschef Fernando Clavijo erleichtert. Die Umverteilung bezeichnete er als „historischen Erfolg für die Gerechtigkeit und Menschenwürde“. Auch die kanarischen Bischöfe, betonten regelmäßig die Notwendigkeit betont, die minderjährigen Migranten aufs Festland zu bringen.
Auch wenn sich besonders konservativ regierte Regionen weiterhin weigern, die Jugendlichen aufzunehmen und die Verlegungen verzögern, sind sie zur Übernahme verpflichtet. Einige der unbegleiteten Flüchtlinge werden zunächst in staatlichen Zentren untergebracht, bis die Rechtslage vollständig geklärt ist.