In einem Interview mit EWTN News sprach Erzbischof Georg Gänswein über sein Verhältnis zum am Ostermontag verstorbenen Papst Franziskus. Nach seinen Aussagen seien er und Franziskus – anders als von den Medien dargestellt – nicht im Streit auseinandergegangen. „Nicht alles war so, wie die Presse das berichtet hat“, betonte der langjährige Privatsekretär von Papst Benedikt XVI. In der vergangenen Woche reiste der jetzige Nuntius im Baltikum zum Treffen der päpstlichen Nuntien in den Vatikan und besuchte bei dieser Gelegenheit das Grab von Franziskus in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom. Dort vollendete er die Versöhnung im Gebet.
Spannungen zwischen Papst Franziskus und Georg Gänswein
Lange Zeit stand Erzbischof Georg Gänswein an der Seite von Papst Benedikt XVI. – auch in dessen Jahren als emeritierter Papst. Kurz nach Benedikts Tod veröffentlichte der aus dem Schwarzwald stammende Gänswein im Januar 2023 das Buch „Nichts als die Wahrheit“. Darin blickte er auf seine Zeit mit dem deutschen Papst zurück.
Papst Franziskus, Benedikts Nachfolger, äußerte jedoch Kritik: Gänswein habe es an Menschlichkeit fehlen lassen. Außerdem warf er ihm vor, Benedikt in dessen letzten Lebensjahren instrumentalisiert, von der Außenwelt abgeschirmt und gegen den amtierenden Papst aufgebracht zu haben. Wie Franziskus im Interviewbuch „El sucesor“ (Der Nachfolger) des Vatikanjournalisten Javier Martinez-Brocal erklärte, habe Benedikt in Gänsweins Anwesenheit nicht offen sprechen können. Als Beispiel nannte Franziskus ein Gespräch mit seinem früheren Privatsekretär Josef Clemens. Dieser habe ihm gesagt, er könne nun telefonieren, „weil Don Georg rausgegangen ist“.
Anfang 2020 wurde Gänswein von seinem Amt als Präfekt des Päpstlichen Hauses „beurlaubt“. Nach dem Tod Benedikts schickte Franziskus ihn schließlich ohne feste Aufgabe in seine Heimatdiözese Freiburg zurück – verzichtete dabei aber auf genaue Angaben zu den Gründen. Etwa ein Jahr später, am 24. Juni 2024, ernannte Franziskus den Kirchenrechtler jedoch zum Apostolischen Nuntius im Baltikum mit Sitz in Vilnius. Seither vertritt Gänswein die Interessen des Vatikans in Litauen, Estland und Lettland.
Versöhnung im Gebet vollendet
Erzbischof Gänswein bestätigte am Montag, dass es zwar nicht immer einfach gewesen sei, bestimmte Spannungen jedoch bereits Anfang 2024 gelöst worden seien. Die Versöhnung habe bereits im Januar stattgefunden – wenige Wochen nach der Gedenkmesse zum ersten Todestag von Papst Benedikt XVI., bei der der deutsche Kuriengeistliche im Petersdom gepredigt hatte. Die anschließende, kurze Audienz mit Papst Franziskus bezeichnete Gänswein als einen symbolischen Wendepunkt: Sie sei „sozusagen der Moment des Entspannungsprozesses“ gewesen.
„Es war nicht so, dass wir im Streit auseinandergegangen sind“, betonte Gänswein im Interview mit EWTN News. Die spätere Ernennung zum Nuntius im Baltikum sei eine Frucht dieser Entwicklung gewesen. Wenige Monate danach habe es eine weitere, „sehr herzliche“ Audienz mit dem Papst gegeben. Rückblickend erkennt Gänswein darin einen „Dreischritt“, der ihm inneren Frieden geschenkt habe.
In der vergangenen Woche kehrte der 68-Jährige erneut in den Vatikan zurück, um am weltweiten Treffen der päpstlichen Nuntien mit dem neuen Papst Leo XIV. teilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit suchte er auch das Grab von Papst Franziskus in der Basilika Santa Maria Maggiore auf – und vollendete dort, wie er sagte, die Versöhnung im Gebet.