Pfarrer Alphonsus Afina aus der Diözese Maiduguri im Nordosten Nigerias befand sich 51 Tage lang in der Gewalt von Kämpfern der islamistischen Terrorgruppierung Boko Haram. Am 21. Juli ließen ihn die Entführer endlich frei. Jetzt berichtet der Priester in einem persönlichen Zeugnis, das dem katholischen Hilfswerk Kirche in Not vorliegt, und schockiert mit erschütternden Details. „Ich konnte vor lauter Angst, getötet zu werden, nicht schlafen. So geht es mir auch jetzt noch, während ich diese Zeilen schreibe“, heißt es in der Mitteilung.
Augenoperation nach schwerer Misshandlung nötig
Am 1. Juni war der Priester gemeinsam mit zwei Mitarbeitenden auf dem Weg zu einer kirchlichen Veranstaltung in Maiduguri, als ihr Fahrzeug überfallen wurde. „Bewaffnete Männer kamen aus den Büschen am Straßenrand hervor und schossen auf uns“, berichtet der Priester, der lediglich versucht habe, sich in einem nahegelegenen Militärkontrollpunkt in Sicherheit zu bringen. Doch die Angreifer verfolgten ihn auf Motorrädern.
Nachdem sie ihn eingeholt hatten, brachten ihn die Entführer zurück zu seinem Fahrzeug und plünderten es. Dabei schlugen sie den Geistlichen und verletzten ihn so schwer, dass Ärzte nach seiner Freilassung große Sorge um sein Augenlicht hatten. Pfarrer Afina wartet nun auf eine Operation, um die Verletzungen am Auge behandeln zu lassen.
Die Entführer, die der Priester als Anhänger der Terrorgruppe Boko Haram identifizierte, verschleppten ihn zusammen mit 13 weiteren Personen in eine abgelegene Bergregion. „Einige konnten fliehen, andere wurden getötet. Darunter auch einer unserer Mitarbeiter“, so Afina. Der Seelsorger berichtete, dass seine Panik sich nochmals steigerte, als das nigerianische Militär als Reaktion auf die Entführung begann, den Stützpunkt der Terroristen aus der Luft anzugreifen.
Nigeria: Höchste Entführungszahlen von Geistlichen
Am 21. Juli wurde der Priester gemeinsam mit zehn weiteren Geiseln freigelassen. Derzeit befindet er sich zur Behandlung in einem Krankenhaus in Maiduguri. Seine unerwartete Freilassung führt er auf die weltweiten Gebete zurück, die ihn begleitet hätten. Im Laufe der Gefangenschaft habe sich auch das Verhalten der Entführer verändert – sie seien ihm gegenüber zunehmend respektvoller aufgetreten. „Ich habe die Wirkung der Gebete, die weltweit für mich gesprochen wurden, gespürt. Vor allem bin ich Gott dankbar, dass er in dieser schrecklichen Erfahrung mein Leben bewahrt hat“, so Afina.
Wie der Geschäftsführer von Kirche in Not Deutschland, Florian Ripka, wiederholt betonte, ist die Entführung des Seelsorgers kein Einzelfall. Nigeria ist laut Ripka derzeit das Land, in dem weltweit am häufigsten Priester und Ordensleute entführt werden. Eine große Bedrohung für Geistliche und die Bevölkerung geht von Terroristen und kriminellen Gruppierungen aus. „Kaum eine Woche vergeht, ohne dass wir neue Schreckensmeldungen aus Nigeria erhalten“, klagt Ripka. Das katholische Hilfswerk Kirche in Not unterstützt die betroffenen Gemeinden mit seelsorglicher und psychologischer Hilfe für die Überlebenden.
Nigeria, in dem etwa die Hälfte der rund 237 Millionen Einwohner christlich ist, gilt als wichtiger Wirtschaftspartner Deutschlands. „Es gibt viele Möglichkeiten, den Einsatz der Regierung gegen den Terror und die Hilfe für die verfolgten Christen zu unterstützen. Sie brauchen uns jetzt – dringend“, betonte Ripka. In jüngster Zeit gewinnen islamistische Terrorgruppen besonders im Norden des Landes zunehmend an Einfluss und Kontrolle. Dort sind Christen in der Minderheit.