Am 4. Oktober 2025 wird in Vilnius erstmals ein großer „Marsch für das Leben“ stattfinden. Die Organisatoren erwarten Teilnehmer aus allen Teilen des Baltikums, die sich wenige Tage vor einer entscheidenden Parlamentsabstimmung zu einem umstrittenen Gesetzesentwurf versammeln. Dieser sieht eine Ausweitung des Zugangs zu Abtreibungen sowie deren öffentliche Finanzierung vor und wurde bereits im Mai in erster Lesung nur knapp angenommen. Mit dem friedlichen Protestmarsch wollen die Teilnehmer in einer politisch brisanten Phase auf das Recht auf Schutz ungeborenen Lebens aufmerksam machen. In der Parlamentsabstimmung wird über die zukünftige Ausrichtung der litauischen Gesetzgebung im Bereich der sogenannten „reproduktiven Gesundheit“ entschieden. Litauen gehört bislang zu den wenigen EU-Staaten, in denen Abtreibung zwar legal, jedoch kaum gesetzlich geregelt ist.
„Marsch für das Leben“ – und die Gesellschaft Litauens
Die bisherige Legalisierung der Abtreibung stammt noch aus der sowjetischen Besatzungszeit, als die Verfahren vom Staat streng kontrolliert wurden. Im Oktober sollen die Bestimmungen und der Zugang zur „reproduktiven Gesundheit“ formalisiert werden. Hierbei würde die vorgeburtliche Kindstötung von einem Ministerialerlass in ein umfassendes Gesetz überführt werden.
Der Hauptorganisator des „Marschs für das Leben“ in Vilnius, Simonas Streikus, betonte die Bedeutung der Veranstaltung, die den Wert des menschlichen Lebens hervorheben solle. Es gebe Werte, die sich nicht ändern. Der wichtigste sei, so Streikus, das menschliche Leben. „Um wirklich menschlich zu bleiben, müssen wir das Leben mit Respekt, Liebe, Verantwortung und Schutz ehren“, betonte der Organisator. Man marschiere, um die Gesellschaft an diese Wahrheit zu erinnern.
Der „Marsch für das Leben“, der auf dem Domplatz von Vilnius mit Reden, Musik und Familienaktivitäten zu Ende geht, ist für die Teilnehmer mehr als eine friedliche Demonstration gegen die Gesetzgebung. Er ist eine Stärkung der moralischen Ausrichtung Litauens. Denn für die Teilnehmer der Protestbewegung ist die Debatte über „reproduktive Gesundheit“ nicht nur eine Frage der Politik, sondern auch eine Frage der nationalen Identität und eine Frage danach, welche Gesellschaft künftige Generationen hervorbringen. Mit dem Ende des Marsches auf dem Domplatz, dem geistlichen Zentrum der litauischen Hauptstadt, habe man eine bewusste Wahl getroffen, so die Veranstalter. Dadurch werde der „Marsch für das Leben“ mit einem Ort verbunden, an dem Glaube, Politik und Kultur zusammentreffen.
Gesetzentwurf macht chirurgische und medikamentöse Abtreibungen allgemein verfügbar
Der Gesetzesentwurf sieht vor, Abtreibungen auf Wunsch bis zur 12. Schwangerschaftswoche zu erlauben und in Fällen von Vergewaltigung, Inzest oder medizinischer Indikation sogar bis zur 22. Woche zuzulassen. Zudem würde der Zugang deutlich erleichtert: Sowohl chirurgische als auch medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche sollen allgemein verfügbar gemacht werden, auch über telemedizinische Beratungen. Die Kosten dafür würden vollständig vom Staat übernommen, womit Abtreibung faktisch zu einer staatlich finanzierten und garantierten Leistung würde.
Ein Befürworter der Veranstaltung und Dozent für Bioethik an der Litauischen Universität für Gesundheitswissenschaften, Ramūnas Aušrotas, blickt mit Sorge auf die Entwicklung in Litauen: „In der heutigen Bioethik ist eine beunruhigende Inkonsistenz offensichtlich“, warnte der Bioethiker. Wenn ein ungeborenes Kind gewünscht ist, mobilisiere man alle medizinischen Ressourcen, um das Leben zu schützen. Doch wenn das Kind nicht gewollt sei, verschieben sich plötzlich die Maßstäbe, und eine Abtreibung ist erlaubt. „Manche bezeichnen dies als sozialen Kompromiss, in Wahrheit spiegelt es jedoch eine ethische Inkonsistenz wider. Menschliches Leben kann nicht gleichzeitig wertgeschätzt und abgelehnt werden“, betont Aušrotas eindringlich.
Ein Hausarzt erzählte, er habe das Wunder des Lebens in seinen Anfängen und die Würde des natürlichen Endes gesehen. Für ihn sei der Schutz des ungeborenen Lebens keine politische oder ideologische Frage, „sondern einfach eine Frage der Menschlichkeit.“
Unabhängig vom Ausgang der bevorstehenden Parlamentsabstimmung markiert der „Marsch für das Leben“ in Vilnius einen bedeutenden Moment in der litauischen Debatte über Menschenwürde, staatliche Verantwortung und bürgerschaftliches Engagement. Er bringt nicht nur die wachsende Polarisierung im Umgang mit dem Thema Abtreibung zum Ausdruck, sondern auch den Willen vieler Bürger, ihre Werte öffentlich und sichtbar zu vertreten.
Dieses Thema ist so unfassbar Komplex, das man sich manchmal garnicht mehr traut seine eigene Meinung dazu zu sagen.
Leider.
Wir sollten aber auch akzeptieren wenn Menschen sich dafür entscheiden.
Ich finde es nicht gut, kann aber keinen Menschen für seine Entscheidung verurteilen.
Genauso möchte ich auch nicht verurteilt werden,bei Entscheidungen die mein Leben betreffen.
Ja man muss nicht immer einer Meinung sein, man muss sich aber eingestehen das jeder Mensch Entscheidungen treffen muss in seinem Leben..
Ob es letztendlich die Richtige ist, das erfährt man immer erst im Nachhinein.
Trotzdem toller Beitrag, sehr gut geschrieben.
Ich stimme meinem Vorredner grundsätzlich zu. Jeder sollte das Recht haben seine eigene Meinung zu äußern, dennoch bin ich absolut gegen Abtreibung.
Jeder sollte die Verantwortung dafür übernehmen. Das kleine Wesen kann nicht selbst entscheiden. Da stellt sich mir die Frage, wer gibt einem das Recht über das Leben eines anderen zu entscheiden. Jedes Kind hat das Recht auf diese Welt zu kommen.