Nach jahrzehntelanger Debatte hat der Landtag in Sachsen-Anhalt ein neues Bestattungsgesetz verabschiedet. Es erlaubt unter anderem die Entnahme kleiner Mengen Asche für Erinnerungsstücke und hebt den Sargzwang auf. Während die katholische Kirche die Kompromissfindung grundsätzlich begrüßt, äußert sie Kritik an der Individualisierung der Trauer durch Ascheentnahmen für Schmuck.
Kompromisse und neue Regeln im Bestattungsgesetz in Sachsen-Anhalt
„Grundsätzlich muss man anerkennen, dass es nach Jahrzehnten der Verhandlungen nun zu einem Kompromiss gekommen ist. In polarisierenden Zeiten ist das ein gutes Signal“, kommentierte der Leiter des Katholischen Büros Sachsen-Anhalt, Mathias Bethke, die Kompromissfindung über ein neues Bestattungsgesetz in Sachsen-Anhalt auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Da die Änderungen maßvoll seien, gebe es keinen Grund für maßlose Kritik, führt er aus. Konkret beendet das neue Gesetz den Sargzwang und erlaubt künftig Tuchbestattungen. Dies wertet Bethke als „Ausdruck religiöser Solidarität“ mit Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens. Die Bestattung muss jedoch weiterhin auf einem Friedhof erfolgen. Mittlerweile sind in allen Bundesländern – bis auf Sachsen und Sachsen-Anhalt – Ausnahmen von der Sargpflicht zugelassen.
Eine weitere Änderung ist die neu eingeführte zweite Leichenschau sowie die würdevolle Bestattung von Sternenkindern. Als Sternenkinder werden Kinder bezeichnet, die tot geboren werden, nach einem Schwangerschaftsabbruch oder noch vor der Geburt im Mutterleib starben.
Sorge um Privatisierung der Trauer
Ganz ohne Kritikpunkte kommt das neue Bestattungsgesetz aus Sicht der katholischen Kirche jedoch nicht aus. Nach der neuen Regelung ist die Entnahme von bis zu fünf Gramm Asche für Schmuckstücke erlaubt – ein Punkt, den die katholische Kirche kritisch betrachtet, so Bethke. „Damit wird begonnen, Trauer zu individualisieren und zu privatisieren“, warnt der Leiter des Katholischen Büros. Bethke äußert die Sorge, dass bei einer konsequenten Weiterentwicklung dieser Praxis eines Tages öffentlich zugängliche Gräber verschwinden könnten – und damit Trauernde ausgeschlossen würden.
Am Donnerstag hat der Landtag in Sachsen-Anhalt eine umfassende Reform des Bestattungsgesetzes beschlossen. Demnach ist es künftig erlaubt, vor dem Verschließen der Urne bis zu fünf Gramm Asche – etwa zur Herstellung von Erinnerungsstücken wie Medaillons oder Gedenkdiamanten – zu entnehmen. Diese Möglichkeit ist jedoch an klare Voraussetzungen gebunden. So muss die verstorbene Person ihren letzten Hauptwohnsitz in Sachsen-Anhalt gehabt haben und darf der Ascheentnahme zu Lebzeiten nicht schriftlich widersprochen haben. Sachsen-Anhalt gehört damit zu den ersten Bundesländern, die eine solche Regelung einführen. Zeitgleich wurde ein ähnlicher Beschluss auch in Rheinland-Pfalz gefasst.