StartRegionalWallfahrtsort Neuzelle: Zwischen barocker Pracht und neuer Klostergemeinschaft

Wallfahrtsort Neuzelle: Zwischen barocker Pracht und neuer Klostergemeinschaft

Eingebettet in die stille Schönheit des Schlaubetals liegt Neuzelle – ein Wallfahrtsort, bestehend aus einem Ensemble aus Architektur, Kultur, Gartenkunst und Spiritualität. Die barocke Marienkirche, einst Ersatz für das verlorene schlesische Grüssau, zieht seit 1947 Gläubige an, die hier Trost und Hoffnung suchen. Im Mittelpunkt steht die „Madonna mit den großen Ohren“, eine gotische Marienfigur, die seit Jahrhunderten die Bitten der Pilger hört und ihnen Christus, den Erlöser, entgegenhält. Heute verbindet sich die Tradition der Wallfahrt mit dem Neubeginn klösterlichen Lebens.

Jahrhundertealte Tradition in Neuzelle – von Umbrüchen und Wiederkehr

Vor mehr als 750 Jahren, im Jahr 1268, stiftete Heinrich III., Markgraf von Meißen, das Zisterzienserkloster Neuzelle. Ursprünglich in der Gotik erbaut, erlebte die Klosteranlage ab 1650 eine umfassende barocke Umgestaltung nach böhmischem Vorbild. Das Ergebnis ist bis heute ein einzigartiges Gesamtkunstwerk von hoher künstlerischer und geistlicher Strahlkraft, das seine Besucher tief berührt. Auch die Zisterzienser selbst scheinen diese besondere Atmosphäre geschätzt zu haben.

Doch auch Neuzelle blieb von den politischen Umbrüchen der Geschichte nicht verschont. Auf dem Wiener Kongress im Jahr 1815, der Europa nach den napoleonischen Kriegen neu ordnete, wurde entschieden, dass ein Teil der Lausitz – genauer gesagt die Niederlausitz, in der sich Neuzelle befindet – vom Königreich Sachsen an Preußen übergehen sollte. Zwei Jahre später, 1817, ließ der preußische König Friedrich Wilhelm III. das Kloster säkularisieren. Die Mönche mussten das Kloster verlassen, der geistliche Betrieb wurde eingestellt, und die jahrhundertealte Tradition der Zisterzienser wurde unterbrochen.

Eine ganz andere Geschichte von Umbrüchen und Neuanfängen erzählt die barocke Marienkirche im ehemaligen Zisterzienserkloster im schlesischen Grüssau. Bis zum Zweiten Weltkrieg war sie ein bedeutendes Wallfahrtsziel. Doch mit dem Ende des Krieges veränderte sich die politische Landkarte: Schlesien wurde Polen zugesprochen, die deutsche Bevölkerung vertrieben, und das Erzbistum Breslau durch die neue Grenze geteilt.

Besonders betroffen waren katholische Jugendliche, viele von ihnen durch Flucht oder Vertreibung zu Waisen geworden. Auch ihre traditionellen Wallfahrten nach Grüssau waren nun nicht mehr möglich. Auf Initiative des damaligen Jugendseelsorgers Heinrich Theissing (1917–1988) fand im Juni 1947 erstmals eine Wallfahrt nach Neuzelle statt – rund 100 Kilometer nördlich von Grüssau gelegen, zur dortigen barocken Marienkirche.

Im Mittelpunkt der Neuzeller Wallfahrt steht bis heute eine gotische Marienstatue, die seit der Barockzeit mit einem liturgisch wechselnden Mantel bekleidet wird. Die sogenannte „Madonna mit den großen Ohren“ erhört die Bitten der Gläubigen und hält den Menschen das Jesuskind, den Erlöser, entgegen.

Klosterneubau in Neuzelle

Mehr als zwei Jahrhunderte lang war das Zisterzienserkloster Neuzelle nach seiner Zwangsauflösung im Jahr 1817 ohne Mönche. Erst am 2. September 2018, passend zum feierlichen Anlass des 750. Gründungsjubiläums, kehrte neues klösterliches Leben zurück. Von diesem Tag an wurde das von der österreichischen Abtei Heiligenkreuz abhängige Priorat Neuzelle auch kirchenrechtlich errichtet. Damit gibt es in Brandenburg seit über 200 Jahren erstmals wieder ein aktives Zisterzienserkloster. Die kleine Gemeinschaft gehört zur Zisterzienserkongregation von Heiligenkreuz, engagiert sich in Neuzelle aktiv in der Pilgerseelsorge und unterstützt die Pfarrei vor Ort.

Allerdings ist die historische Klosteranlage heute Eigentum einer staatlichen Stiftung. Daher wichen die Ordensbrüder, wenn auch beengt, in das Pfarrhaus direkt neben der Klosterkirche aus.

Um der räumlichen Enge zu entkommen, plant die Mönchsgemeinschaft nun einen provisorischen Klosterstandort außerhalb des Ortskerns. Auf einem kleinen Bauernhof im benachbarten Treppeln, nur wenige Minuten von Neuzelle entfernt, soll ein neues Domizil entstehen. Die Hofanlage wurde den Mönchen im Frühjahr von einer Erbengemeinschaft zum Kauf angeboten. Geplant ist dort Wohnraum für bis zu 14 Mönche. Die alte Scheune des Hofes wird dabei zu einer Kapelle umgestaltet, die nicht nur der Ordensgemeinschaft, sondern auch Gästen offenstehen wird.

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