In Brasilien spitzt sich die Lage für indigene Völker weiter zu: Landraub, Übergriffe und illegale Rodungen bedrohen nicht nur ihre Lebensgrundlagen, sondern auch ihre spirituelle Kultur. Kardinal Leonardo Ulrich Steiner, Präsident des Indigenenmissionsrates der brasilianischen Bischofskonferenz, warnte in Wien eindringlich vor der eskalierenden Gewalt und forderte die Aufhebung eines umstrittenen Gesetzes, das die Anerkennung indigener Territorien stark einschränkt. Der aktuelle Bericht des CIMI dokumentiert die zunehmenden Konflikte, Bedrohungen und Umweltzerstörungen – und erscheint rechtzeitig vor der Weltklimakonferenz COP30 in Belém.
Gewalt, Landraub und Gesetze: Die vielfältige Bedrohung der indigenen Gemeinschaften in Brasilien
Der brasilianische Kardinal Leonardo Ulrich Steiner, Präsident des Indigenenmissionsrates (CIMI) der brasilianischen Bischofskonferenz, warnt eindringlich vor der zunehmenden Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien. Ein aktueller Bericht des CIMI dokumentiert eine deutliche Zunahme von Angriffen, Vertreibungen und Landraub in Amazonien.
Bei einem Besuch in Wien erklärte der Erzbischof von Manaus, dass illegales Mining, Abholzung sowie die Ausbreitung evangelikaler Kirchen die Lebensgrundlagen und spirituelle Praxis indigener Gemeinschaften gefährden. Gemeinsam mit Marcley Pataxó, einem Vertreter des indigenen Volkes der Pataxó im Bundesstaat Bahia, und CIMI-Generalsekretär Luís Ventura Fernández präsentierte Steiner den Bericht, der rechtzeitig vor der Weltklimakonferenz COP30 in Belém veröffentlicht wurde.
Der Bericht zeigt, dass illegale Minen, Brandrodungen und Rodungen für Soja- und Viehzucht nicht nur Lebensräume zerstören, sondern auch Flüsse verschmutzen und die Gesundheit ganzer Dörfer gefährden. Die Expansion der Agrarindustrie trägt damit auch zur Zerstörung des Amazonas und zur globalen Klimakrise bei. CIMI stellt zudem einen klaren Zusammenhang mit dem 2023 beschlossenen Gesetz 14.701 her, das die Anerkennung indigener Gebiete auf Land beschränkt, das bereits 1988 bewohnt war. Laut CIMI hat das Gesetz zu einer massiven Zunahme von Konflikten, Angriffen, Landraub und Todesfällen geführt. Kardinal Steiner forderte erneut die Aufhebung dieses Gesetzes.
Wie Steiner weiter betonte, habe das Fehlen einer formalen, rechtlichen Abgrenzung und Anerkennung von Land, das traditionell von indigenen Völkern bewohnt wird, enorme Folgen – bis hin zu Todesfällen.
Kritik an freikirchlicher Mission in indigenen Gemeinschaften
Viele indigene Gemeinschaften in Brasilien pflegen bis heute ihre eigenen spirituellen Traditionen und geben sie an die nächste Generation weiter, betont Kardinal Leonardo Steiner. Problematisch seien jedoch die Missionsaktivitäten evangelikaler Kirchen, die über die Zeit die Kultur indigener Dörfer untergraben würden: „Tänze und Gesänge werden eingeschränkt“, kritisierte der Präsident des Indigenenmissionsrates der brasilianischen Bischofskonferenz.
Die katholische Kirche setzt hingegen auf einen anderen Ansatz: Liturgie und religiöse Texte werden in indigene Sprachen übersetzt, und Gläubige sowie Seminaristen erhalten spezielle Schulungen, um alte Traditionen bewahren zu können. So werde die Anerkennung der indigenen Spiritualität und Philosophie gestärkt, erläuterte Steiner.
Darüber hinaus gehe es um die Verteidigung der Würde und Rechte der indigenen Bevölkerung. „Es ist nicht unsere Entscheidung, wie sie leben“, sagte Steiner und betonte die Rolle der Kirche als Begleiterin, die lernen und zuhören müsse. „Wir lassen uns nicht entmutigen. Wir sind Menschen der Hoffnung“, ergänzte er und lobte den Widerstandsgeist der indigenen Gruppen. Wichtig sei auch die Selbstorganisation, die den Gemeinschaften helfe, sich gegen Repressionen zu wehren.
