Vor 60 Jahren wurde mit Nostra Aetate ein Samenkorn der Hoffnung gesät, aus dem ein großer Baum gewachsen ist: ein weltweiter Dialog zwischen Religionen, der heute dringlicher erscheint denn je. Bei der Veranstaltung zum 60-jährigen Jubiläum von Nostra Aetate an der Päpstlichen Universität Santa Croce in Rom trafen sich Vertreter unterschiedlichster Glaubenstraditionen. Kardinal George Koovakad, Präfekt des Dikasteriums für den Interreligiösen Dialog, betonte dabei die Notwendigkeit, dem interreligiösen Austausch auf der internationalen Bühne mehr Raum zu geben, und hob hervor, dass der Geist von Nostra Aetate für die heutige Friedensarbeit unverzichtbar bleibe.
60 Jahre Nostra Aetate: Lebendiger Dialog für gemeinsamen Frieden
Am 18. und 19. November kamen Vertreter des Judentums, des Islams, des Buddhismus und der katholischen Kirche zusammen, um über die Rolle der Religion in einer von Konflikten geprägten Welt zu reflektieren – und darüber, wie Glaube Menschen zu Frieden und Versöhnung bewegen kann. Zum Programm gehörten auch Besuche der Großen Synagoge im ehemaligen jüdischen Viertel Roms sowie der Großen Moschee der Stadt, die Raum für Gebet, Begegnung und vertiefenden Austausch boten.
Das Symposium an der Päpstlichen Universität Santa Croce umfasste Fachvorträge aus unterschiedlichen religiösen Traditionen und widmete sich vor allem der bleibenden Wirkung der Erklärung Nostra Aetate auf den interreligiösen Dialog. „Alle Konflikte und anderen Probleme wurzeln in einem Mangel an Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung. Religiöse Führungspersonen spielen in der Welt eine entscheidende Rolle, denn sie können zum Aufbau des Friedens beitragen“, betonte Prof. Philip Goyret von der Päpstlichen Universität.
Mehrfach erinnerten die Teilnehmenden dabei an die historischen Wegbereiter des Dialogs. Rabbi Ariel Stofenmacher hob die enge Zusammenarbeit von Rabbi Abraham Joshua Heschel und Kardinal Augustin Bea während des Zweiten Vatikanischen Konzils hervor. Das heutige Symposium, so Stofenmacher, zeuge vom tief gewachsenen Vertrauen zwischen Judentum und katholischer Kirche, das sich durch das Engagement zahlreicher Päpste und Rabbiner über Jahrzehnte entwickelt habe.
Imam Nader Akkad von der Großen Moschee von Rom stellte zentrale Prinzipien des Islams vor und betonte die verbindende Kraft des Begriffs „Barmherzigkeit“, der im Koran ebenso präsent sei wie in anderen Religionen. Viele Missverständnisse über den Islam, so Akkad, entstünden, weil Menschen die Religion aus Schlagzeilen statt aus ihren eigenen Quellen kennen. Er rief dazu auf, Glaubenstraditionen unmittelbar aus ihren Texten und Lehren heraus kennenzulernen.
Dialog mehr benötigt denn je
Den Abschluss des Symposiums bildete ein Hauptvortrag von Kardinal George Koovakad, der den aktuellen Stand des interreligiösen Dialogs weltweit in den Blick nahm. Er erinnerte daran, dass Nostra Aetate vor mehr als einem halben Jahrhundert ein Samen der Hoffnung säte, der sich zu einem großen Baum mit weit verzweigten Ästen entwickelt habe. Angesichts globaler Spannungen werde der Geist dieses Konzilsdokuments heute mehr denn je benötigt. Koovakad unterstrich zudem, dass Nostra Aetate durch die Mitwirkung unterschiedlicher Glaubenstraditionen zu einem Meilenstein geworden sei, der bis heute nachhaltige Dialogprozesse anstoße.
Organisiert wurde das internationale Treffen von der Päpstlichen Universität Santa Croce in Zusammenarbeit mit dem Abarbanel University Institute in Buenos Aires, dem Abraham J. Heschel Center for Catholic–Jewish Relations der Katholischen Universität Johannes Paul II. in Lublin sowie der Botschaft Argentiniens beim Heiligen Stuhl.
