Sechs Monate musste der geistig beeinträchtigte Jugendliche Farhan Masih in Haft verbringen. Der Vorwurf: Blasphemie. Nachdem sich ein örtlicher Bauer bei der Polizei über den christlichen Jugendlichen wegen angeblicher Blasphemie beschwert hatte, verhafteten ihn die Beamten am 26. Januar in seinem Haus. In der Polizeianzeige warf die Behörde dem Jugendlichen vor, die Religion beleidigt und abfällige Bemerkungen über heilige Figuren gemacht zu haben. In einem weiteren Vorwurf beschuldigte man ihn, zu konfessioneller Gewalt aufgerufen zu haben – eine Straftat, die in Pakistan als Terrorismus gilt.
Freispruch und dennoch nicht frei – Jugendlicher soll nicht in Dorf zurückkehren
Nach fünf Monaten in Haft sollte ein Freispruch eigentlich Grund zum Feiern sein. Doch dem freigesprochenen Jugendlichen wurde geraten, nicht in sein Dorf zurückzukehren. Stattdessen solle er in einer anderen Region ein neues Leben beginnen. Sein Leben sei trotz der Entscheidung des Anti-Terror-Gerichts in dem mehrheitlich muslimischen Gebiet in Gefahr.
Fünf Monate war der geistig beeinträchtigte Jugendliche in Haft, da ihn ein Bauer wegen Blasphemie angezeigt hatte. Ihm wurden abfällige Äußerungen über islamische Persönlichkeiten sowie die Anstiftung zu religiösem Hass vorgeworfen – Vorwürfe, die in Pakistan als Terrorismus eingestuft werden. Kashif Nemat, der Anwalt des jugendlichen Christen, betonte gegenüber der asiatischen Nachrichtenagentur ucanews, dass Blasphemie seit letztem Jahr ohne gesetzliche Grundlage als Terrorismus eingestuft werde. Jedoch sprach das Anti-Terror-Gericht den Jugendlichen frei, da die Polizei „kein explosives Material gefunden habe“. Weiter habe der Jugendliche entgegen der Vorwürfe auch keine Hassreden gehalten oder beleidigende Flugblätter verteilt, so der Anwalt.
Vorwurf der Blasphemie, um persönliche Rechnungen zu begleichen
Der Freispruch sei „eine deutliche Erinnerung an die Ungerechtigkeit der pakistanischen Blasphemiegesetze“, bezeichnete der Minderheitenaktivist Joseph Janssen das Gerichtsurteil. Janssen betonte, dass in diesem Fall ein psychisch kranker und verarmter Christ zu Unrecht beschuldigt, als Terrorist stigmatisiert und fast fünf Monate lang ohne ein gerechtes Verfahren inhaftiert worden sei. Weiter prangerte er an, dass der Staat die Erkrankung des Jugendlichen schlicht ignoriert und sich auf die Seite der extremistischen Ankläger gestellt habe. Mit Blick auf den Vorwurf unterstrich der Aktivist: „Farhan hätte nie mit Terrorismusvorwürfen konfrontiert werden dürfen, er hätte nie das Trauma ertragen müssen, das ihm und seiner Familie zugefügt wurde.“
Der Staat habe ihn dafür verfolgt, dass er als Christ in einer feindlichen Umgebung lebte. Für die Sicherheit der Minderheiten und die Religionsfreiheit fordert Janssen rechtliche Reformen. Die Geschichte Farhans sei kein Einzelfall – sie sei ein Abbild der düsteren Realität für Christen in Pakistan. „Wir bitten nicht um Gerechtigkeit, wir fordern sie. Ohne wirkliche Rechenschaftspflicht werden noch mehr unschuldige Leben zerstört werden“, so Janssen.
Für die Bestrafung nach der Beleidigung des Islam und des Propheten Mohammed sieht das pakistanische Blasphemiegesetz die Todesstrafe vor. Auch wenn bisher noch niemand wegen Blasphemie hingerichtet worden sei, beklagen Aktivisten, dass Mobgewalt und Lynchjustiz gegen die Angeklagten die Regel seien. Weiter kritisieren sie, dass die Blasphemiegesetze missbraucht würden, um persönliche Rechnungen zu begleichen. Laut dem Zentrum für soziale Gerechtigkeit in Lahore wurden zwischen 2020 und 2024 mindestens 53 Christen wegen Blasphemie angezeigt. Diese Zahl der Fälle ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen.