StartChristenverfolgungBlasphemiegesetz in Nigeria: Zunehmende Gefahr für Christen

Blasphemiegesetz in Nigeria: Zunehmende Gefahr für Christen

Das katholische Hilfswerk missio Aachen warnt vor den schwerwiegenden Folgen der Blasphemiegesetze in Nigeria und fordert deren Abschaffung. In mehreren nördlichen Bundesstaaten, in denen das islamische Scharia-Recht gilt, drohen für angebliche Verstöße drastische Strafen – bis hin zur Todesstrafe. Christliche und andere religiöse Minderheiten seien zunehmend von willkürlicher Strafverfolgung und unkontrollierbarer Mob-Gewalt bedroht, so missio-Präsident Pfarrer Dirk Bingener. Internationale Institutionen wie das Europäische Parlament und der Gerichtshof der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS haben sich bereits für eine Reform ausgesprochen. Die nigerianische Verfassung garantiert zwar Meinungs- und Religionsfreiheit, doch die Realität sieht vielerorts anders aus.

Blasphemiegesetz in Nigeria

Die Rechtslage auf Bundesebene wird durch § 204 des föderalen Strafgesetzbuches geregelt, der die Beleidigung von Religionen im Rahmen des Common Law unter Strafe stellt. Die Vorschrift lautet auf Deutsch sinngemäß: „Jede Person, die eine Handlung vornimmt, die von einer bestimmten Gruppe als öffentliche Beleidigung ihrer Religion angesehen wird – mit der Absicht, dass diese Gruppe die Handlung als solche empfindet –, oder wer wissentlich eine rechtswidrige Handlung begeht, von der er weiß, dass sie von einer bestimmten Gruppe als religiöse Beleidigung aufgefasst wird, macht sich eines Vergehens schuldig und kann mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden.“

In mehreren nordnigerianischen Bundesstaaten, in denen seit den 2000er-Jahren das islamische Scharia-Recht parallel zum staatlichen Recht gilt, werden jedoch deutlich härtere Strafen verhängt – bis hin zur Todesstrafe. Diese Anwendung des Scharia-Rechts steht im Widerspruch zur nigerianischen Verfassung, die die Einführung einer Staatsreligion ausdrücklich verbietet und sowohl die Meinungs- als auch die Religionsfreiheit garantiert.

„Politische Bemühungen zur Abschaffung der Blasphemiegesetze laufen. Es braucht aber weiterhin die Unterstützung seitens der internationalen Politik, damit sich wirklich etwas ändert“, betonte Pfarrer Bingener. Im Jahr 2023 verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution gegen die Blasphemiegesetze in Nigeria. Im April 2025 forderte auch der Gerichtshof der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS deren Abschaffung oder grundlegende Reform, insbesondere im Bundesstaat Kano.

Ein bedeutender Präzedenzfall wird derzeit vor dem Obersten Gerichtshof Nigerias verhandelt: Seit September 2025 läuft dort das Verfahren gegen Yahaya Sharif-Aminu, einen Sufi-Musiker, der wegen einer WhatsApp-Nachricht zum Tode verurteilt wurde. Menschenrechtsorganisationen und Beobachter hoffen, dass dieser Fall zu einem Wendepunkt wird.

Blasphemievorwürfe – missio-Partner berichten von wachsender Bedrohung

Zwischen 1999 und 2002 führten zwölf Bundesstaaten im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias die Scharia-Strafgerichtsbarkeit ein. Insbesondere im Bundesstaat Kano drohen bei der vermeintlichen Beleidigung des Propheten Mohammed oder des Korans sogar drakonische Strafen – bis hin zur Todesstrafe. Während Blasphemievorwürfe in den Anfangsjahren nur eine geringe Rolle spielten, beobachten Menschenrechtsorganisationen seit 2020 einen deutlichen Anstieg gewaltsamer Übergriffe im Zusammenhang mit solchen Anschuldigungen.

So wurde im Mai 2022 eine christliche Studentin im Bundesstaat Sokoto von Mitstudierenden gesteinigt, nachdem man sie der Blasphemie beschuldigte. Im Januar 2025 steckten Unbekannte das Haus eines christlichen Hochschullehrers im Bundesstaat Katsina in Brand – ebenfalls nach Blasphemievorwürfen.

Die Blasphemiegesetze in Nigeria führen nach Einschätzung der Diözese Yola zu einer Benachteiligung von Christen und vermehrt zu willkürlichen Festnahmen. Besonders besorgniserregend ist dabei die zunehmende Mob-Gewalt, die durch solche Vorwürfe ausgelöst wird und kaum kontrollierbar ist.

Um Eskalationen zu verhindern, steht die Diözese in engem Austausch mit muslimischen Autoritäten vor Ort. Gleichzeitig wird betont, dass es auch muslimische Nachbarn gibt, die Christen im Falle von Bedrohungen aktiv beistehen. Neben den Auswirkungen der Blasphemiegesetze sind christliche Gemeinschaften in Nigeria weiterhin vielfältigen Gefahren ausgesetzt. So etwa der Gewalt der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram.

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