Seit Jahren sorgt eine Frage für juristische Diskussionen: Dürfen Kirchen von ihren Mitarbeitenden verlangen, selbst Mitglied der Kirche zu sein? Das Bundesverfassungsgericht hat nun eine klare Entscheidung getroffen und das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gestärkt. Die Karlsruher Richterinnen und Richter entschieden zugunsten der Evangelischen Kirche und bestätigten, dass die Kirchen bei bestimmten Stellen weiterhin die Mitgliedschaft als Einstellungskriterium verlangen dürfen. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) begrüßt das Urteil und sieht keinen Anlass, die bestehenden Regelungen zu überarbeiten.
Hintergrund: Kirchenmitgliedschaft als Einstellungskriterium
2018 klagte eine konfessionslose Frau erfolgreich gegen die Diakonie, nachdem sie nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Obwohl sie aus der Kirche ausgetreten war, wollte die Bewerberin bei der Diakonie als Referentin arbeiten – auf einer Stelle, die sich mit der Umsetzung der UN-Antirassismus-Konvention in Deutschland befasst, einem Bereich, in dem sie bereits langjährig tätig war. Sie warf der Diakonie vor, dass ihre Nichtberücksichtigung ausschließlich auf ihre fehlende Kirchenmitgliedschaft zurückzuführen sei, und sah darin eine arbeitsrechtlich relevante Diskriminierung.
„Ich hätte eigentlich in die engere Auswahl kommen müssen, weil ich in diesem ganz spezifischen Kontext dessen, was auf dieser Stelle gemacht werden sollte, umfassende Berufserfahrung hatte. Und die Person, die dann ausgewählt wurde, hatte diese Erfahrung nicht“, wird sie von der Tagesschau zitiert. Ihr Ziel bei der Klage war es, zu klären, in welchen Fällen eine Kirchenmitgliedschaft für eine Stelle erforderlich ist und wann sie nicht verlangt werden darf.
Diese Frage beantwortete nun das Bundesverfassungsgericht im Sinne der Kirchen. Die Richter in Karlsruhe betonten, dass die Stelle, auf die sich die konfessionslose Frau beworben hatte, ein christliches Profil erforderte. Da es bei der Tätigkeit unter anderem darum ging, Berichte über Antirassismusarbeit zu erstellen, habe die Diakonie das Recht, jemanden auszuwählen, der diese Arbeit aus einer christlichen Perspektive auf Menschenrechte betrachtet.
Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche haben ihre Einstellungsregeln angepasst. Auch Bewerber ohne Kirchenmitgliedschaft können demnach eingestellt werden – allerdings nur, wenn sie keine zentrale Verantwortung für das kirchliche Profil tragen oder die Kirche nach außen vertreten. Nach Ansicht der Richter traf dies im Fall jedoch zu.
Bundesverfassungsgericht bestätigt kirchliches Selbstbestimmungsrecht
Nach der Klage gegen die Einstellungskriterien der Evangelischen Kirche hat das Bundesverfassungsgericht nun zugunsten der Kirche entschieden. Mit dem Urteil stärkt das Gericht das kirchliche Arbeitsrecht und betont das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.
Grund für die Entscheidung sei laut den Karlsruher Richtern, dass dieses Recht in den vorherigen Urteilen „zu gering gewichtet“ worden sei.
In einer Pressemitteilung begrüßte die Deutsche Bischofskonferenz die Entscheidung und sieht darin eine Bestätigung der bestehenden Regelungen. Für die katholische Kirche bestehe daher „kein Handlungsbedarf“, heißt es in der Erklärung vom 23. Oktober. Weitere Anpassungen des kirchlichen Arbeitsrechts seien gemessen an der Begründung des Gerichts nicht erforderlich.
