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Christen auf der Flucht: Vertreibung und Schweigen in Niger

Die Lage im westafrikanischen Niger hat sich seit dem Militärputsch im Juli 2023 dramatisch verschärft – politisch, gesellschaftlich und humanitär. Besonders betroffen ist die kleine christliche Minderheit im Land, die zunehmend Opfer islamistischer Gewalt, staatlicher Vernachlässigung und systematischer Diskriminierung wird. Zwischen Terror, Armut, politischer Instabilität und internationaler Einflussnahme erleben Millionen Menschen – darunter zahlreiche Christen und Migranten – eine existenzielle Krise, deren Ausmaß zunehmend aus dem Blick der Weltöffentlichkeit gerät.

Kirche von islamistischer Gewalt erschüttert

Wie der in der Hauptstadt Nigers tätige Missionspriester P. Mauro Armanino in einem Beitrag der Vatikan-Zeitung Osservatore Romano mitteilt, befinden sich mehr als 15.000 der etwa 50.000 Katholiken im Land derzeit auf der Flucht. Als Grund dafür nennt der Priester anhaltende Angriffe durch islamistische Gruppen. Viele Dörfer hätten sich geleert, und die Kirche sei weiter geschwächt, erklärt er in seinem Artikel. Epizentrum sei besonders der Südwesten des Landes. Dort operieren Rebellengruppen und islamistische Terrormilizen wie die Islamische Staat-Provinz Sahel, Nusrat al-Islam und die Westafrika-Provinz des IS. Weiter erklärt Armanino, dass sich die Angriffe gezielt gegen Christen und Animisten richten. Ein Problem hierbei sei, dass der Staat nur langsam reagiere und die Armee ineffizient sowie intern zerrüttet sei.

In der Hauptstadt Niamey sind lediglich sieben bis acht Pfarrgemeinden weiterhin aktiv. Da der Großteil der Gläubigen in ländlichen Regionen lebt, die zunehmend Ziel von Angriffen islamistischer Gruppen sind, wird das kirchliche Leben dort massiv beeinträchtigt – mit gravierenden Folgen für die gesamte katholische Präsenz im Land. Ein Katechet aus einem Vorort der Hauptstadt berichtet von den katastrophalen Zuständen vor Ort: Niemand könne das Dorf verlassen, um Nahrung zu holen – „es ist völlig umstellt von bewaffneten Männern“. Und dennoch, trotz der Lebensgefahr, kehren viele Betroffene in die Dörfer zurück.

Kultur des Schweigens fördert politische Instabilität

Niger hat etwa 26 Millionen Einwohner, von denen über 99 Prozent dem Islam angehören. Die katholische Kirche ist eine kleine Minderheit und geht auf die Kolonialzeit zurück, in der ab 1931 erste Gemeinden gegründet wurden. Seit der Unabhängigkeit ist das Land von politischer Unsicherheit geprägt. Der Militärputsch im Jahr 2023 brachte bereits die fünfte Militärregierung an die Macht. Der Abzug französischer Truppen führte in der Folge zu einer weiteren Verschärfung der ohnehin angespannten Sicherheitslage.

„Die neue Regierung versprach Erneuerung, doch Armut und Terrorismus nehmen weiter zu“, blickt Armanino enttäuscht auf die Situation. Durch eine Kultur des Schweigens sei eine freie Meinungsäußerung der Bevölkerung wie auch der Medien unmöglich. Durch die Auflösung politischer Parteien sei das Land tief gespalten, so Armanino weiter, der dem Westen eine Teilschuld an der Lage gibt. „Man hat auf bloße Hilfe gesetzt und die Realität ignoriert. Das ist das Resultat jahrelanger Ambivalenz und doppelter Standards – hart zu den Schwachen, weich zu den Starken“, kritisiert er scharf.

Christenverfolgung, Massenabschiebung, Migrationspolitik

Aufgrund seiner geografischen Lage dient Niger seit Jahren als zentrales Transitland zwischen Subsahara- und Nordafrika. Unter dem Einfluss der EU übernahm das Land zunehmend die Rolle einer inoffiziellen Vorgrenze Europas. Zwar hat das derzeitige Regime die bisherigen Anti-Migrationsgesetze aufgehoben, doch die Bedingungen für Migranten bleiben nach wie vor gefährlich und unsicher. Besonders in der Grenzstadt Assamaka mussten Tausende unter extremen Bedingungen zurechtkommen. Nach Schätzungen von UN-Organisationen sind derzeit 4,8 Millionen Menschen in Niger auf humanitäre Hilfe angewiesen – unter ihnen mehr als drei Millionen, die Unterstützung bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln benötigen.

Seit dem Putsch im Juli 2023 hat sich die Situation der Christen in Niger deutlich verschlechtert. Denn der Putsch bedroht nicht nur die Mehrparteiendemokratie, sondern lässt zudem dschihadistische Gewalt weiter eskalieren. Die daraus resultierende Unsicherheit löste bei den Christen große Angst aus, während islamistische Milizen die instabile Lage nutzen, um die christliche Minderheit immer stärker unter Druck zu setzen.

Nicht nur im Privatleben oder im familiären Umfeld, wo ihnen häufig das Sorgerecht entzogen oder verweigert wird, sind Christen Diskriminierung ausgesetzt. Auch im Berufsleben haben Christen oder Konvertiten kaum eine Möglichkeit, eine Anstellung im kommunalen Dienst zu bekommen. Zudem fehlt ihnen häufig jegliche Chance, befördert zu werden. Die Unterdrückung der Christen im Arbeitsleben reicht von Ausgrenzung bis hin zu Entlassungen. Ebenso ist ein kirchliches Leben aufgrund der drohenden Gewalt kaum möglich. Oftmals werden christliche Versammlungen schlichtweg verhindert.

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