Inmitten der hitzigen politischen Diskussion über mögliche Rückführungen syrischer Geflüchteter hat sich Caritas International deutlich positioniert. Der Leiter der Hilfsorganisation, Oliver Müller, warnt eindringlich vor einer zwangsweisen Rückkehr in das vom Krieg und der Zerstörung gezeichnete Syrien. In einem Kommentar für Table Briefings bezeichnete Müller solche Pläne als „gefährlich und verantwortungslos“ und appellierte an die Politik, die Betroffenen nicht aus dem Blick zu verlieren. Während innerhalb der CDU/CSU Uneinigkeit über die Lage in Syrien herrscht, mahnt der Caritas-Vorstand, die Debatte an humanitären Fakten auszurichten und die Integrationsbemühungen der Geflüchteten in Deutschland nicht zu gefährden.
Debatte in der Union über Rückführungen syrischer Flüchtlinge
Innerhalb der CDU/CSU sorgt die Frage nach möglichen Rückführungen syrischer Geflüchteter derzeit für Spannungen. Außenminister Johann Wadephul zeigte sich nach einem Besuch im vom Bürgerkrieg zerstörten Syrien tief betroffen und äußerte Zweifel daran, dass eine baldige Rückkehr vieler Flüchtlinge realistisch sei. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“, sagte er angesichts der massiven Zerstörung im Vorort Harasta bei Damaskus.
Bundeskanzler Friedrich Merz widersprach seinem Parteikollegen, indem er erklärte, dass der Bürgerkrieg in Syrien beendet sei und es „keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland“ gebe. Ähnlich äußerte sich Fraktionschef Jens Spahn, der betonte, syrische Geflüchtete sollten beim Wiederaufbau ihrer Heimat mitwirken – eine „patriotische Pflicht“, wie er es nannte.
Innenminister Alexander Dobrindt versucht unterdessen, den Koalitionsbeschluss mit der SPD umzusetzen: Demnach sollen straffällig gewordene Syrerinnen und Syrer in ihr Herkunftsland zurückgeführt werden. Nach Angaben des Innenministeriums lebten im August 2025 rund 951.400 Syrerinnen und Syrer in Deutschland, darunter etwa 10.700, die ausreisepflichtig waren.
Caritas-Vorstand für Internationales, Migration und Katastrophenhilfe, Oliver Müller, warnt, dass die politische Debatte und die geplanten Maßnahmen unter den Betroffenen erhebliche Verunsicherung auslösen. „Selbst Syrerinnen und Syrer mit deutscher Staatsangehörigkeit fragen mittlerweile nach, was die politischen Diskussionen für sie persönlich und die Zukunft ihrer Familie bedeuten könnten“, so Müller.
Caritas mahnt zur Menschlichkeit in Rückführungsdebatte
Müller macht in seinem Beitrag deutlich, dass hinter den politischen Diskussionen über Rückführungen reale Menschen stehen. „Die Menschen, über deren Köpfe hinweg gerade debattiert wird, sind unsere Nachbarinnen und Nachbarn, unsere Kolleginnen und Kollegen, die Freundinnen und Freunde unserer Kinder.“ Auch warnt Müller davor, dass die derzeitige Debatte vermittelt, Geflüchtete seien in Deutschland nicht willkommen, obwohl sie sich in den vergangenen Jahren um Integration bemüht haben. Das, so der Caritas-Vorstand sei ein „fatales Signal“.
Zudem verweist er auf die anhaltenden humanitären Probleme in Syrien: Rund 70 Prozent der Bevölkerung seien auf Hilfe angewiesen, jedes dritte Wohnhaus in Städten wie Aleppo, Idlib oder Homs unbewohnbar, fast die Hälfte der Krankenhäuser funktioniere nicht, 2,4 Millionen Kinder könnten nicht zur Schule gehen, und die Preise für Nahrungsmittel und Energie hätten sich nach dem Regimesturz um 200 bis 400 Prozent erhöht. Hinzu kämen Kürzungen internationaler Hilfen und großflächig vermintes Land.
Für Müller steht fest: Eine Rückkehr und ein Leben in Syrien ist mit erheblichen Risiken verbunden. Er mahnt, dass in der Debatte nicht nur Zahlen, sondern die Menschen selbst in den Blick genommen werden müssen. Symboldebatten könnten sonst sowohl die Integration als auch humanitäre Prinzipien gefährden. Abschließend fordert er die Politik auf, humanitäre Hilfe zu sichern, den Wiederaufbau langfristig zu unterstützen, Geflüchtete zu schützen, Integration zu stärken und politische Entscheidungen faktenbasiert zu treffen.
