Erzbischof Georg Gänswein, Apostolischer Nuntius im Baltikum und Schirmherr der Priesterausbildungshilfe e. V., warnte in einem Interview mit dem katholischen Fernsehsender K-TV eindringlich vor einer Abkehr von der kirchlichen Lehre. Bischöfe, die ihren Auftrag nicht mehr im Einklang mit dem Glauben der Kirche erfüllten, müssten mit Konsequenzen rechnen, so Gänswein. In der umstrittenen deutschen Handreichung „Segen gibt der Liebe Kraft“ sieht der frühere Privatsekretär von Papst Benedikt XVI. eine „reale Spaltungsgefahr“.
Herde im Namen der Kirche führen – Forderung nach Konsequenzen bei Abweichung
Im Interview machte Erzbischof Georg Gänswein deutlich, dass das bischöfliche Amt untrennbar an die Treue zur Lehre der Kirche gebunden sei. Ein Bischof habe den Auftrag empfangen, „im Namen der Kirche eine Herde als Hirte zu führen“. Weiche er jedoch von zentralen Glaubenswahrheiten ab und sei nicht bereit zur Einsicht, müsse er nach Gänsweins Worten entweder selbst vom Amt zurücktreten oder letztlich abgesetzt werden. In einem solchen Fall könnten die Gläubigen ihm „im Gewissen nicht mehr folgen“, sobald seine persönlichen Überzeugungen nicht mehr mit jenen der katholischen Kirche übereinstimmten.
Mit Blick auf die umstrittene deutsche Handreichung „Segen gibt der Liebe Kraft“, die Segnungen für homosexuelle und andere außereheliche Verbindungen vorsieht, äußerte sich Gänswein scharf. Zwar habe er das Dokument nicht vollständig gelesen, doch sei für ihn klar: Sollten die Inhalte katholischen Grundüberzeugungen widersprechen, müssten sie zurückgezogen werden. Entstünden die Leitlinien im Auftrag einer Kommission, sei dies „schlimm genug“. Als Folge müsse das Papier „schnellstmöglich eingestampft werden“.
Gefahr innerkirchlicher Spaltung „real“
Hierzu gab der Erzbischof eine eindringliche Warnung ab: Die Gefahr einer Kirchenspaltung sei real. In Deutschland gebe es erhebliche Spannungen bis hin zu offenen Bruchlinien, da eine einheitliche Praxis zunehmend fehle. Kritisch fragte Gänswein, mit welcher inneren Haltung Verantwortliche von universalkirchlichen Vorgaben abwichen, und erkannte eine mögliche „Portion Überheblichkeit“. Wer neue Wege gehe und diese seelsorglich absichere, laufe Gefahr, viele Gläubige in die Irre zu führen.
Für die Zukunft sprach sich Gänswein deutlich für Kontinuität mit dem Kurs von Papst Benedikt XVI. aus. Dessen Regelung halte er für den richtigen Weg, der konsequent weitergegangen werden sollte. Zugleich erinnerte er daran, dass Wahrheit niemals das Ergebnis einer demokratischen Mehrheit sei. Der Glaube nehme Schaden, sobald man beginne, ihn den jeweiligen Zeitströmungen anzupassen oder „zurechtzustutzen“, betonte Gänswein.
Stabile Lage der Liturgie im Baltikum
Neben seiner Kritik an innerkirchlichen Spannungen in Deutschland ging Erzbischof Georg Gänswein auch auf die Situation der Liturgie im Baltikum ein. Der Nuntius für Litauen, Estland und Lettland sprach von einer bemerkenswert stabilen Lage der überlieferten Liturgie. Besonders in Vilnius habe sich eine kleine, junge Gemeinschaft mit Familien etabliert, die eine „ausgezeichnete gregorianische Liturgie“ pflege. Probleme gebe es dort nicht – auch nicht infolge der unter Papst Franziskus erlassenen Einschränkungen durch Traditionis custodes.
Dazu sagte Gänswein, dass ihm der Erzbischof von Vilnius versichert habe, die überlieferte Messe sei „nicht verboten, sondern restriktiv“. Das friedliche Miteinander innerhalb der Diözese bleibe jedoch gewahrt. Gänswein äußerte offen sein Unverständnis über die römischen Maßnahmen. Er habe nie nachvollziehen können, warum diese Restriktionen eingeführt worden seien, zumal eine weltweite Befragung der Bischöfe zuvor gezeigt habe, dass weitgehend Zufriedenheit bestanden und kein Änderungsbedarf geherrscht habe. Weshalb dennoch interveniert worden sei, bleibe für ihn „ein Rätsel“.
