„Wenn man sich wieder bewaffnet, dann müssen die Waffen früher oder später auch genutzt werden, nicht wahr?“, fragte Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Parolin kritisierte gegenüber Medienvertretern am Rande einer interreligiösen Veranstaltung die Pläne zur Wiederbewaffnung Europas (ReArm Europe). Damit griff er die Worte von Papst Franziskus zum sonntäglichen Mittagsgebet vom 2. März auf, die der Pontifex in einem Schreiben an den Direktor der Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera, Luciano Fontana, erneuerte. Darin erklärte Franziskus, dass ihm Krieg in Zeiten der Krankheit „noch absurder erscheine“.
Kritik an der Wiederbewaffnung Europas
Bei der erstmaligen Ausgabe der von der marokkanischen Botschaft beim Heiligen Stuhl und der Organisation MICC (Media International Communication Club) organisierten Veranstaltung „Der Tisch zum Ramadan – Iftar“ äußerte sich Kardinal Parolin zu den Plänen zur Wiederbewaffnung Europas. Dabei erklärte der Kardinalstaatssekretär, dass sich der Heilige Stuhl seit dem Ersten Weltkrieg stets für eine „allgemeine und kontrollierte Abrüstung“ ausgesprochen habe. Weiter warnte er vor der Richtung, in „die die Dinge gehen“. Darüber könne man nicht froh sein, so Parolin.
Mit Blick auf den möglichen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine hofft der Vatikan-Diplomat, dass niemand Bedingungen stellt, die den Gesprächen im Weg stehen könnten. Er erklärte, dass Russland anscheinend Bedingungen zur Überprüfung der Einhaltung des Waffenstillstands stellte. Er hoffe, dass es keine Vorbedingungen gebe, „die den Beginn eines Dialogs verhindern“. Es sei nötig den Prozess zur Waffenruhe in Gang zu setzen, so Parolin.
„Da es von Seiten der Ukraine endlich Bereitschaft gibt, sollte auch von der anderen Seite Bereitschaft bestehen, diesen Waffenstillstand zu starten“, führte er aus. Nach dem möglichen 30-tägigen Waffenstillstand solle auf dieser Basis der Verhandlungsprozess beginnen, der das Ende des Krieges und einen gerechten und dauerhaften Frieden herbeiführt. Ähnlich äußerte sich Papst Franziskus. „Die menschliche Zerbrechlichkeit“ habe „die Kraft, uns klarer zu machen, was Bestand hat und was vergeht, was uns leben lässt und was uns tötet“, erklärte Franziskus in Bezug auf die Solidaritätsbekundung des Direktors der Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera, Luciano Fontana.
Diplomatie benötigt eine neue Glaubwürdigkeit
„Vielleicht ist das der Grund, warum wir so oft dazu neigen, Grenzen zu leugnen und gebrechliche und verletzte Menschen zu meiden“, überlegte der Pontifex. Sie hätten die Kraft, „die Richtung in Frage zu stellen, für die wir uns entschieden haben, als Einzelne und als Gemeinschaft“. Aus diesem Grund richtete er einen Appell an die Medienschaffenden, „sich die Bedeutung der Worte klarzumachen“. Es seien niemals nur Worte, erkannte der Heilige Vater und erklärte: „Es sind Taten, die ein menschliches Umfeld schaffen.“ Worte können verbinden oder spalten, „der Wahrheit dienen oder sich ihrer bedienen“. Deshalb müsse man entschärfen, „um die Köpfe und die Erde zu entwaffnen.“ Der Bedarf an Reflexion, Gelassenheit und einem Sinn für Komplexität sei groß, so der Papst weiter.
Franziskus betonte, dass Kriege lediglich „Gemeinschaften und die Umwelt“ zerstören, ohne tatsächliche Lösungen für Konflikte zu bieten. In diesem Zusammenhang hob er hervor, dass „Diplomatie und internationale Organisationen neues Blut und Vertrauen“ benötigten. Zudem brachte er die Religionen als mögliche Friedensvermittler ins Gespräch. Religionen könnten sich „auf die Spiritualität der Völker stützen, um den Wunsch nach Geschwisterlichkeit und Gerechtigkeit und die Hoffnung auf Frieden wieder zu entfachen“. Dennoch erklärte er, dass dies „Engagement, Arbeit, Schweigen, Worte“ benötige. „Fühlen wir uns vereint in diesem Bemühen, das die himmlische Gnade nicht aufhören wird, zu inspirieren und zu begleiten“, forderte Franziskus.