StartWirtschaft & PolitikKontroverse um Merz’ „Stadtbild“-Aussage: Kritik aus Politik, Kirche und Wohlfahrtsverbänden

Kontroverse um Merz’ „Stadtbild“-Aussage: Kritik aus Politik, Kirche und Wohlfahrtsverbänden

Die jüngsten Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zum sogenannten „problematischen Stadtbild“ haben eine breite Debatte über Sprache, Wahrnehmung und Migrationspolitik ausgelöst. Nachdem Merz auf „Menschen ohne Aufenthaltsrecht und Arbeit“ verwiesen hatte, die aus seiner Sicht das öffentliche Bild deutscher Städte prägten, warfen ihm Kritikerinnen und Kritiker pauschalisierende und spaltende Rhetorik vor. Während Merz in London seine Aussagen präzisierte, kamen aus Politik, Kommunen sowie von kirchlichen und sozialen Verbänden deutliche Mahnungen zu mehr Differenzierung und gesellschaftlichem Zusammenhalt.

Merz’ Stadtbild-Äußerung sorgt für Spaltungen

„Wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang Rückführungen zu ermöglichen.“ Mit diesem Satz sorgte Bundeskanzler Merz für Aufsehen. Bezogen war die Aussage auf die umstrittene Migrationspolitik und das „problematische Stadtbild“.

Etliche Kritiker warfen ihm daraufhin Rassismus vor. Womöglich aufgrund des anhaltenden Gegenwinds, den der Bundeskanzler für seine vorherigen Äußerungen erhalten hatte, erläuterte Friedrich Merz am Mittwoch in London erstmals genauer, was er mit den von ihm angesprochenen „Stadtbild-Problemen“ meinte. Deutschland werde auch künftig auf Einwanderung angewiesen sein, insbesondere zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs, betonte Merz am Rande einer Veranstaltung. Zugleich präzisierte er, welche Gruppen er als problematisch für das öffentliche Erscheinungsbild mancher Städte empfinde: Es gehe ihm um Menschen ohne Aufenthaltsrecht und ohne Arbeit, die sich nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten. Diese prägten zum Teil das Bild an Bahnhöfen, in U-Bahnen, Parkanlagen und ganzen Stadtteilen und stellten die Polizei vor große Herausforderungen, so Merz.

Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) kritisierte hingegen, Merz habe der Diskussion einen „Bärendienst“ erwiesen. Auch in Kiel gebe es – wie in jeder größeren Stadt – Angsträume, beispielsweise rund um den Bahnhof, wenn dort spätabends alkoholisierte Menschen unterwegs seien, sagte er im NDR Info. Es gehe dabei nicht allein um Gruppen mit Migrationshintergrund: „Es können auch Ansammlungen junger Männer sein – mal haben sie Migrationshintergrund, mal nicht.“

Auch SPD-Chef Lars Klingbeil mahnte zu einer besonnenen Sprache in der politischen Debatte. Politik müsse Brücken bauen und die Gesellschaft zusammenführen, statt sie mit Worten zu spalten, so Klingbeil. Es dürfe zudem nicht das äußere Erscheinungsbild darüber entscheiden, ob jemand „ins Stadtbild passt oder nicht“.

Kritik von Caritas und Kirche

Auch Vertreterinnen und Vertreter der großen Wohlfahrtsverbände reagierten kritisch auf die von Bundeskanzler Friedrich Merz angestoßene „Stadtbild“-Debatte. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, Eva Maria Welskop-Deffaa, sprach sich gegenüber dem Magazin Stern gegen eine Politik aus, die sich von Vorurteilen leiten lasse. „Anstelle einer Politik, die ihren Auftrag aus einer von Vorurteilen geprägten Optik ableitet, setzen wir uns dafür ein, Begegnungsräume für alle zu schaffen“, sagte sie. Nur so könne eine offene und solidarische Gesellschaft erhalten bleiben.

Welskop-Deffaa, die seit 2021 an der Spitze der Caritas steht und Mitglied der CDU ist, forderte von der Politik konkrete Maßnahmen statt aufgeheizter Debatten. Soziale Träger, Kirchen und Vereine zeigten seit Jahren, wie gesellschaftlicher Zusammenhalt praktisch gestärkt werden könne – „das ist besser und nachhaltiger für die Gesellschaft“, betonte sie.

Auch der Präsident der evangelischen Diakonie, Rüdiger Schuch, mahnte zu einem respektvollen Umgang in der Diskussion. „Seit Jahrzehnten sind zugewanderte Menschen selbstverständlicher Teil unserer Stadtbilder“, sagte er. Sie gehörten „einfach zu uns – mit ihren Unternehmen, Kulturen, als Kolleginnen am Arbeitsplatz, als Mitspieler im Fußballverein, als Nachbarinnen und vieles mehr“. Probleme müssten zwar benannt, aber „mit sachorientierter Politik gemeinsam gelöst werden, ohne Polemik und in gegenseitigem Respekt“, so Schuch. Das gelte auch für Fragen der inneren Sicherheit: Alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, hätten ein Recht auf Sicherheit.

VERWANDTE ARTIKEL

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

- Advertisment -

Beliebteste

Neue Kommentare

GodMag

Kostenfrei
Ansehen