„Mit Leib und Seele – Die Tragweite Künstlicher Intelligenz für Leben, Lernen, Glauben“. Unter diesem Motto findet vom 7. bis zum 11. Oktober die 42. Pädagogische Woche 2024 im Maternushaus in Köln statt. Das zentrale Thema der Veranstaltung ist die künstliche Intelligenz (KI), die in immer mehr Bereichen des täglichen Lebens ihren Einsatz findet. In Anbetracht dieser Tatsache kommen besonders Lehrerkräfte im Religionsunterricht oder an katholischen Schulen an den grundlegenden Fragen nicht vorbei. Wer sind wir oder wer könnten wir sein? „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“ (Psalm 8,5)
42. Pädagogische Woche: Die größte regelmäßige Lehrerfortbildung
Seit dem Jahr 1983 stellt sich die Pädagogische Woche jährlich aus der christlichen Perspektive den bedeutendsten Zukunftsfragen, die in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert besitzen. Die Veranstaltung richtet sich an Religionslehrerinnen und Religionslehrer aller Schulformen aus dem gesamten Erzbistum Köln und wird durch die Kooperation mit dem Institut für Lehrerfortbildung unterstützt. Am 7. Oktober zelebrierte Erzbischof Kardinal Woelki zur Eröffnung der Pädagogischen Woche einen feierlichen Gottesdienst in der Basilika St. Gereon in Köln. Die Fortbildungsveranstaltung findet bereits zum 42. Mal mit mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt und ist damit die größte Lehrerfortbildung.
Der Ausrichter der Pädagogischen Woche ist die Abteilung „Schule und Hochschule“ des Erzbistums Köln unter der Leitung von Thomas Pitsch. Der Bereichsleiter „Schule und Hochschule“ blickte der Veranstaltung mit Freude entgegen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwarten in der Woche einige intensive und anregende Vorträge, die unter anderem die Chancen der künstlichen Intelligenz, „die jedoch immer vor dem Hintergrund der christlichen Heilsbotschaft reflektiert werden müssen“, thematisieren.
Anlässlich der Eröffnung der Pädagogischen Woche hielt der Staatssekretär Dr. Urban Mauer aus dem Bundesministerium für Bildung und Schule des Landes Nordrhein-Westfalen am 7. Oktober um 16:30 Uhr einen Vortrag mit dem Titel „Das Beste oder das Schlimmste, was der Bildung passieren kann – die Bedeutung Künstlicher Intelligenz für Schule und Unterricht.“ Das Thema wird den Pädagoginnen und Pädagogen durch Experten und Expertinnen aus dem Fachgebiet erörtert und vorgestellt. Weiter haben alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeit, sich in rund 30 Arbeitskreisen mit Kolleginnen und Kollegen aus der schulischen Praxis auszutauschen und Anregungen sowie Impulse für die Anwendung künstlicher Intelligenz im praktischen Unterricht zu sammeln. Im Foyer des Maternushauses ist zudem eine breite Auswahl von Ansprechpartnern aus diversen medialen und kulturellen Einrichtungen zu finden.
Herausforderung für die christliche Bildung
So sehr künstliche Intelligenz Fortschritt bedeutet, so sehr stellt sie das Selbstverständnis und die Hoffnungen der Menschen auf viele Arten infrage. Maschinen ähneln mehr und mehr dem Menschen. So können sie Texte, Produkte, Kunstwerke oder Videos gestalten, welche den Werken der Menschen in nichts nachstehen. Sie zählen längst nicht mehr nur als Maschine, sondern werden oftmals als Gesprächspartner „auf Augenhöhe“ angesehen.
Künstliche Intelligenz schafft zum Teil auch ein digitales Leben nach dem Tod, sei es als Avatar, Chatbot oder mit einem Account auf den Social-Media-Kanälen. Doch wir sind Menschen mit Leib und Seele und keine Maschinen, die programmiert werden können. Als Geschöpf Gottes sind wir unverwechselbar, unersetzbar, vor allem aber sind wir tief mit Gott verbunden. Wir glauben an die Auferstehung und das ewige Leben bei Gott. „Stets müssen wir uns bewusst sein, dass wir in unserer Leiblichkeit und mit unserer Seele von Gott geschaffen und gewollt sind. Das gilt besonders dann, wenn Maschinen zu Menschen stilisiert werden oder der Mensch auf seine Daten reduziert wird.
Schule und Religionsunterricht sind dafür die Orte, die Orientierung geben können und an denen Unterscheidungsfähigkeit gelernt wird“, erklärt Pitsch den Hintergrund der Veranstaltung. Wir alle besitzen als Schöpfung Gottes eine individuelle Natur. Lässt sich diese Individualität durch Anwendung der künstlichen Intelligenz reproduziert und Hoffnung geschaffen werden? Künstliche Intelligenz ist schon längst ein wichtiges Thema für die Zukunft, aber stellt auch eine große Herausforderung für die religiöse Bildung, das christliche Menschenbild und die Rede von Gott dar. Bei der Pädagogischen Woche wird aufgezeigt, wie die künstliche Intelligenz im Unterricht eingesetzt werden kann.
Künstliche Intelligenz darf nur ein Hilfsmittel sein
Thematisiert wird in einem Arbeitskreis vom Schulleiter des erzbischöflichen Berufskollegs Carsten Arntz und Oberstudienrat i. K. Stephan Kämper vom erzbischöflichen Berufskolleg St.-Ursula in Düsseldorf, wie die künstliche Intelligenz die Verwaltung von Schulen erleichtern kann. Unter dem Motto „Zukunftsweisend führen und lehren – Wie Schulleitung und Lehrkräfte mit KI die Schule von morgen gestalten“ bieten sie den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Möglichkeit, sich damit zu beschäftigen, wie mit der Künstlichen Intelligenz die Unterrichtsgestaltung sowie Verwaltungsangelegenheiten optimiert werden können. Eine besondere Beachtung kommt hier der Automatisierung von administrativen Aufgaben mithilfe der KI zugute. In ihrem Workshop möchten sie die Lehrkräfte und Schulleitungen über den strategischen Einsatz von KI aufklären und das Misstrauen gegenüber der Technik überwinden, um durch die Anwendung für zukunftsorientierte Schulen zu sorgen.
KI darf Schulen nur als Werkzeug zur Prozesserleichterung dienen
Denn hier besteht die Gefahr, dass klare Grenzen besonders im Einsatz in sozialen Bereichen verschwimmen. Bei einem Einsatz der KI im Bereich der Seelsorge wird dies besonders deutlich, denn in einem so sozialen Bereich, in dem es auf Empathie ankommt, darf sie nur ein Hilfsmittel sein. Der Theologe und Sozialethiker Prof. Dr. Dr. Elmar Nass reflektierte die Problematik. „Sicher ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Seelsorger solche KI-basierten Anregungen zurate ziehen. Skeptisch werde ich da, wo kritiklos so generierte Vorlagen übernommen werden. Wird ehrliche menschliche Begegnung ersetzt durch programmierte Stereotype einer vorgetäuschten Empathie oder Liebe, so schafft das eine Kultur der Lüge. Wo ist da noch Raum für persönliche Glaubenserfahrungen oder die persönliche Nähe und Note in Beziehung, Zeugnis und Bekenntnis? Innere Freude und leidenschaftliche Verantwortung für das Leben und für unsere Schöpfung weichen einer kalten Berechnung. Gott und seine Botschaft werden absorbiert durch berechnete Floskeln. Die Seele wird nicht mehr angesprochen. Das wäre das Ende von Seelsorge“, warnt der Professor. Vor diesem Hintergrund erhält der Vortrag des Lehrstuhls für Digitale Bildung mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz, Professor Dr. Sebastian Genschow eine besondere Brisanz. Mit dem Titel „Niemals krank, rund um die Uhr erreichbar, verfügt über das gesamte Weltwissen – ist ein KI-Chatbot der bessere Lehrer?“, erörtert er eine durchaus provokative Frage, die für Diskussionen sorgt.
Hier finden Sie das Programm der 42. Pädagogischen Woche in Köln:
Eine genaue Beschreibung der Arbeitskreise finden Sie über den folgenden Link:
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