Wie das vatikanische Presseamt am Samstag mitteilte, ernannte Papst Leo XIV. mit Erzbischof Thibault Verny einen neuen Präsidenten der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen. Der französische Bischof von Chambéry sowie Maurienne und Tarentaise tritt somit die Nachfolge von Kardinal Sean O’Malley an, der mit Erreichen der Altersgrenze von 80 Jahren das Amt niederlegte. Verny bleibt zugleich in seiner diözesanen Verantwortung in Frankreich tätig und bringt seine langjährige Erfahrung im Kampf gegen Missbrauch in das neue Amt mit.
Demut und Dankbarkeit für die neue Aufgabe
Bis Juni war der französische Bischof Vorsitzender des Rates zur Prävention und Bekämpfung von sexuellem Missbrauch bei der Französischen Bischofskonferenz. Schon in seiner vorherigen Station übernahm Verny im Erzbistum Paris und auf nationaler Ebene eine zentrale Aufgabe im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs durch Kleriker. In seiner Tätigkeit stand er dabei in engem Austausch mit den Betroffenen und kooperierte mit Justiz und Zivilgesellschaft, um verbindliche Protokolle für das Vorgehen in Missbrauchsfällen zu etablieren.
Nach seiner Ernennung äußerte sich der künftige Präsident der Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen: „Drei Worte kamen mir in den Sinn: Demut angesichts der Bedeutung und Schwere der Aufgabe, Dankbarkeit gegenüber dem Heiligen Vater für das Vertrauen und gegenüber Kardinal O’Malley für seine Arbeit und schließlich Entschlossenheit, diesen Weg weiterzugehen“, so Verny gegenüber vatikanischen Medien.
Verny betrachtet die französische Erfahrung mit der unabhängigen Missbrauchskommission CIASE, den von Jean-Marc Sauvé geleiteten Bericht sowie die Gründung des INIRR – einer Anlaufstelle zur Entschädigung von Betroffenen – als ein Vorbild, das künftig auch der Weltkirche zugutekommen könnte.
Den begonnenen Weg weitergehen
Verny nennt als zentrale Aufgaben der Kommission die Vertiefung des bereits eingeschlagenen Weges. Dazu gehören die Auswertung des jährlichen Tätigkeitsberichts, die gezielte Unterstützung besonders bedürftiger Ortskirchen sowie die Weiterentwicklung der „Memorare“-Initiative, die sich auf die Begleitung von Betroffenen konzentriert. Zudem arbeitet die Kommission derzeit an einem Leitfaden zum Schutz und zur Begleitung Minderjähriger. Dabei betonte er, dass ihm die internationale Vernetzung am Herzen liegt. Zu oft arbeite jedes Land für sich, kritisierte er und erklärte: „Es ist notwendig, sich gegenseitig zu stützen und Erfahrungen zu teilen.“
Gleichzeitig hebt Verny die Bedeutung der lokalen Strukturen hervor. Die Kommission sieht sich nicht als Ersatz, sondern als Anstoßgeber, um Bischofskonferenzen und Ordensgemeinschaften weltweit für das Thema zu sensibilisieren. Dabei sei es besonders wichtig, dass Betroffene und deren Angehörige aktiv in die Arbeit der Kommission eingebunden werden: „Ihre Erfahrungen sind unersetzlich.“
Die gesellschaftliche Erwartung gegenüber der Kirche hält der französische Bischof nicht für eine feindselige Haltung. Vielmehr sei es eine „berechtigte Forderung nach Vorbildlichkeit“. Um das Evangelium glaubwürdig verkünden zu können, benötige es die Anerkennung der Wahrheit und eine Kultur der Demut.
Weiter blickte der Bischof auf die Glaubwürdigkeit der Kirche. Dieses Vertrauen müsse Tag für Tag neu erworben werden. Die Frage nach der wiederhergestellten Glaubwürdigkeit der Kirche beantwortet Verny vorsichtig: „Vertrauen lässt sich nicht verordnen. Es muss Tag für Tag neu erworben werden.“ Der Wunsch, wieder zur Normalität zurückzukehren, dürfe den kontinuierlichen Einsatz für Wahrheit und den Schutz Minderjähriger nicht in den Hintergrund drängen. „Nur unter dieser Bedingung wird das Evangelium gehört und geglaubt werden“, so Verny.