In seiner Silvesterpredigt verglich der katholische Stadtpfarrer von Erding, Martin Garmaier, die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel sowie weitere Vertreter der Partei mit „Verbrechern“. Die Folge der Predigt ließ nicht lange auf sich warten, denn sie führte zur Strafanzeige gegen den Stadtpfarrer durch einen pensionierten Polizeibeamten. Dieser empfand die Worte des Pfarrers als Volksverhetzung und üble Nachrede. Garmaier selbst rechtfertigte die Wahl des Wortes „Verbrecher“ mit einer doppelten Bedeutung, wie er gegenüber Domradio mitteilte. So habe das Wort „Verbrecher“ einen juristischen Sinn, aber auch das „Ver-Brechen“. Hierbei zerbreche jemand etwas, „was einem anderen einen Schaden zufügt“, so Garmaier.
Reaktion auf Weihnachtsmarkt-Anschlag als Auslöser
Die Strafanzeige gegen den Stadtpfarrer folgte aufgrund der kritischen Wahrnehmung der Reaktion von AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel auf den Terroranschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. So habe Garmaier in seiner Predigt hingewiesen, dass Alice Weidel das Leid vieler Menschen dafür nutzte, um es auf ihre Belange, vor allem die Ausländerfeindlichkeit, umzumünzen. So würden sie auf ihre Weise zu Verbrechern. „Zu Verbrechern an unserer Gesellschaft. Zu Verbrechern an jenen Menschen, die hier als Gäste vielfach ja auch wissen, wie sie sich aufführen müssen“, hieß es in seiner Predigt.
Das Attentat verübte Taleb A., ein 50-jähriger Mann aus Saudi-Arabien, der seit 2006 in Deutschland lebte. Das MDR berichtete darüber, dass er 2016 Asyl als politisch Verfolgter erhielt. Insgesamt tötete er bei seiner Amokfahrt sechs Menschen und verletzte Hunderte Besucher. Nach Angaben der „Zeit“ forderte Weidel daraufhin „echte Aufklärung“. So sagte sie während einer AfD-Kundgebung in Magdeburg, sie wolle, „dass sich endlich etwas ändert in diesem Land und dass wir nie wieder mit einer Mutter trauern müssen, die auf so sinnlose und brutale Weise ihren Sohn verloren hat.“
Strafanzeige gegen Stadtpfarrer nach Silvesterpredigt
Die Anzeige durch den ehemaligen Polizisten habe Garmaier nur „bedingt“ überrascht, wie er gegenüber Domradio mitteilte. So habe er schon im vergangenen Jahr eine Anzeige angedroht bekommen. In der Anzeige wird Garmaier vorgeworfen, er habe gesagt, dass Terroristen der RAF und des NSU alles Deutsche gewesen seien. Dies wird vom Anzeigensteller als Angriff auf Mitglieder, Sympathisanten und Anhänger der Partei (AfD) gewertet, die so „auf eine Stufe mit den Terroristen der RAF und des NSU“ gestellt werden. Garmaier habe sie „unverhohlen als Verbrecher tituliert und den Anschein von Mördern erweckt“, erklärte der Anzeigensteller. Nach seiner Meinung sei der Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt, „wenn jemand die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine bestimmte Personengruppe beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet“.
Er selbst engagiere sich seit Jahren im Kreisverband der AfD und fühle sich persönlich angegriffen, führte der pensionierte Polizist aus. Weiter erklärte er, dass er nicht mit allen Aussagen der Partei einverstanden sei, aber im Wesentlichen, wenn es um „meine Heimat und unser Wohl“ gehe, stehe er hinter der AfD. Mit seiner Predigt wolle er Garmaier nicht persönlich bestrafen, aber darauf hinweisen, dass der Stadtpfarrer aufhören solle, gegen die AfD zu hetzen. Dies habe Garmaier nach Aussagen des pensionierten Polizisten bis 2023 in allen Silvesterpredigten getan.
„Wir müssen politisch sein“, rechtfertigte Garmaier. „Politisch, aber nicht parteipolitisch.“ Wobei er gegenüber dem Kölner Domradio zugibt, dass er bei der AfD mittlerweile eine Ausnahme mache. Denn bei den Ansichten der Partei habe er oftmals das Gefühl, „dass die Demokratie letztlich mit Füßen getreten wird“. Die AfD werde ja nicht grundlos vom Verfassungsschutz beobachtet, so Garmaier, der von der Gemeinde Rückhalt erfährt. Ihn erreichen überwiegend positive Rückmeldungen. Diese erwarte er auch vom Bistum, denn er glaube, „dass unser Kardinal ganz ähnlich tickt“.