Die Wohnungskrise in Europa hat sich in den letzten Jahren deutlich verschärft. In zahlreichen Städten und Regionen, vorwiegend in den Ballungsräumen des Kontinents, ist bezahlbarer Wohnraum Mangelware, während die Preise für Mieten und Immobilien unaufhörlich steigen. Diese Entwicklung betrifft besonders junge Menschen, Geringverdiener, aber auch Haushalte mit mittlerem Einkommen. Immer mehr Menschen haben zunehmend Schwierigkeiten, adäquaten Wohnraum zu finden. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), der als beratendes Gremium der EU fungiert, fordert nach einer Studie politisches Handeln.
Leistbarer und nachhaltiger Wohnraum
Viele Menschen in ganz Europa stehen vor der Herausforderung, eine Wohnung oder leistbares Eigentum zu finden. Doch Wohnen ist ein Grundrecht und Bedürfnis der Menschen, das „für die menschliche Entwicklung und Identität unerlässlich ist“, heißt es im Bericht des EWSA. Der Wohnraum ist nicht nur eine Herausforderung für Menschen mit geringem, sondern auch für diejenigen, die ein solides Einkommen haben. Diese fallen nach dem Bericht des Sozialausschusses durch einige Programme der Regierungen, die Geringverdiener bei der Finanzierung einer Wohnung unterstützen. Aus der Wohnungskrise entwickeln sich weitreichende Folgen, denn soziale Ungleichheit, aber auch verminderte Produktivität und Umweltschäden sind häufige Konsequenzen. Zudem steigt die Gefahr von gesundheitlichen Beschwerden, die höhere Arzt- und Behandlungskosten zur Folge haben. Damit leistbarer und nachhaltiger Wohnraum geschaffen werden kann, müssen fünf grundlegende Themen beim Bauprozess berücksichtigt werden. So müsse man auf die Bewohnbarkeit und den Komfort, sowie auf Gemeinschaft und Konnektivität achten. Ein weiterer Aspekt ist die Ressourcennutzung, die Resilienz und Anpassungsfähigkeit, aber auch die wirtschaftliche Zugänglichkeit.
Ursachen der Wohnungskrise
Die Gründe für die Wohnungskrise sind europaweit vielfältig. So ziehen die Menschen in vielen europäischen Ländern in die Städte, was zu einer hohen Nachfrage in Ballungsgebieten führt. Durch die hohe Nachfrage wird der Preis vom Markt bestimmt, der dann in die Höhe schnellt. Das hat zur Folge, dass sich einige Menschen die Wohnung schlichtweg nicht mehr leisten können. Zudem konzentrieren sich verschiedene Bauträger auf hochpreisige Immobilien, da diese lukrativer sind. Diese renovieren Gebäude oder ersetzen komplette Wohnkomplexe durch Neubauten, um diese teurer zu vermieten. Dadurch verschärft sich das Finanzierungsproblem für Durchschnitts- und Geringverdiener spürbar. Eine Konsequenz daraus ist die Verdrängung einkommensschwacher Haushalte.
In Spanien ist ein großes Problem die Kurzzeitvermietung, wie sie über die Buchungsplattform Airbnb möglich ist. Dies treibt die Kosten enorm in die Höhe und verdrängt einkommensschwache Personen aus den Städten. In den Städten hat das zur Folge, dass die soziale Vielfalt in vielen Metropolen verloren geht und sich sozial schwache Viertel bilden, was die soziale Ungleichheit verstärkt. Eine weitere Konsequenz ist eine höhere Kriminalitätsrate in den sozialen Brennpunkten.
Wohnungskrise: So reagiert die Politik
Barcelona reagiert auf den Trend der Kurzzeitvermietung und verbietet diese ab 2028 vollständig. Ob dies wirklich eine gewinnbringende Lösung für junge Menschen oder Geringverdiener ist, bleibt abzuwarten. In Italien reagiert man mit steuerlichen Anreizen für Vermieter, die ihren Wohnraum unter dem Marktwert anbieten. Die Wohnungskrise ist dort besonders in den Großstädten Mailand und Rom eine riesige Herausforderung für die Regierung. Ein großer Unterschied der Immobilienpreise ist zwischen dem Süden und dem Norden Italiens festzustellen. Im Süden besitzen 75 Prozent der Bevölkerung aufgrund der günstigeren Preissituation noch Eigentum, während im Norden die Wohnungen teuer vermietet werden. Deshalb erstellte die Regierung das Programm „Fondo Garanzia Prima Casa“. Dieses bietet jungen Menschen staatliche Garantien und erleichtert ihnen und ihren Familien den Zugang zu Hypotheken.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss präsentierte in seinem Bericht eine Reihe an Vorschlägen für nachhaltigen und erschwinglichen Wohnraum. Zwei Schwerpunkte darin sind die Digitalisierung des Wohnungssektors sowie das Miteinbeziehen der Akteure der Sozialwirtschaft. Sie fordern von der gesamten europäischen Politik eine „Antwort auf die Wohnungskrise“. Weiter betonen sie, dass Wohnen „nicht nur ein Bedürfnis, sondern ein Menschenrecht“ ist.