Bereits im Jahr 2023 wurden Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Franz Hengsbach (1910–1991) bekannt. Im Jahr 1988 wurde der als „Ruhrbischof“ bei Bergarbeitern beliebte Kleriker zum Kardinal erhoben. Während seiner Amtszeit als Weihbischof in den 50er und 60er Jahren soll er sich des sexuellen Übergriffs schuldig gemacht haben. Eine neue Missbrauchsstudie soll nun Klarheit über die Vorwürfe bringen.
Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Hengsbach
Konkret behandelt die Missbrauchsstudie den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs an einer 16-Jährigen in den 50er Jahren. Kardinal Hengsbach war zu dieser Zeit im Amt des Weihbischofs von Paderborn. So wurden im Jahr 2011 zwei weitere Anschuldigungen gegen die bekannte Kirchenpersönlichkeit erhoben. Der jüngste Fall wurde dem Bistum Essen im Jahr 2022 angezeigt, wobei die Bistümer Paderborn und Essen zu den genauen Vorwürfen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte keine Angaben machten. Kardinal Hengsbach war eine angesehene Persönlichkeit, die weit über die Kirche hinaus hohes Ansehen genoss. Nach Angaben des Bistums Essen war er zudem als Militärbischof (1967–1978), Generalsekretär sowie Assistent im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (1947–1968) und als Vorsitzender des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat tätig.
Missbrauchsstudie über mehrere Jahre
Aufgrund seines großen Einsatzgebiets wird die Untersuchung sich nicht nur auf ein Bistum beschränken, sondern sein Leben im Detail analysieren. An der Missbrauchsstudie beteiligen sich mehrere sozial-historische Forschungsteams. So sollen das Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) und die Hamburger Forschungsstelle für Zeitgeschichte (FZH) über drei Jahre hinweg das Leben des Kardinals durchleuchten. Der Hamburger Historiker Thomas Großbölting betont, dass es sich bei der Missbrauchsstudie um eine Autobiografie des Geistlichen handelt. Mit diesem neuen Ansatz der Forschung sollen innovative Fortschritte erzielt werden. Nach einem Aufruf an mögliche weitere Betroffene gingen sieben zusätzliche Meldungen über sexuelle Übergriffe im Bistum Essen ein, teilte Generalvikar Klaus Pfeffer mit.
Ein Teil der Studie beleuchtet das Wirkungsfeld in seinen Bistümern, aber auch, inwieweit er bei seinen anderen Tätigkeiten in Missbrauch und Vertuschung verwickelt sein könnte. Der historische Teil der Untersuchung widmet sich seiner persönlichen Einstellung. Nach Aussagen von David Rüschenschmidt von der FZH sollen Fragen nach der Positionierung des Kardinals in gesellschaftlichen und politischen Angelegenheiten geklärt werden. Weiterhin steht auch seine Einstellung zur Sexualmoral und zur Vorstellung des Priesterbildes im Mittelpunkt der Untersuchung. Die Beteiligten der Studie betrachten diese Thematik von zwei Seiten, denn man darf nicht vergessen, welche Verdienste ihm zuzuschreiben sind. Auf der anderen Seite darf eine schreckliche Tat nicht hinter der Maske seiner erbrachten Leistungen versteckt werden.
Die Studie soll Kosten von rund 785.000 Euro verursachen, die vom Bistum Essen und anderen katholischen Organisationen übernommen werden. Das Ergebnis der Studie soll 2027 präsentiert werden.