Ende Oktober präsentierte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) eine neue Broschüre mit dem Titel: „Geschaffen, erlöst und geliebt. Sichtbarkeit und Anerkennung der Vielfalt sexueller Identitäten in der Schule“. Das Dokument soll Schulen zu einem respektvollen Umgang mit Fragen sexueller Identität anregen und Diskriminierung vorbeugen. Dabei bewegt es sich jedoch in einem Spannungsfeld. Auch aus den eigenen Reihen der Kirche wird vor einer „naiven Absegnung“ gewarnt und eine differenzierte Betrachtung gefordert.
Dokument zur sexuellen Vielfalt soll vor Diskriminierung schützen
Ende Oktober 2025 veröffentlichte die Kommission für Erziehung und Schule der DBK die Broschüre, die neben einer Situationsanalyse auch Empfehlungen für Unterricht und Schulpastoral enthält. Vor diesem Hintergrund warnt Weihbischof Thomas Maria Renz, stellvertretender Vorsitzender der DBK-Schulkommission, davor, jugendliche Selbstdeutungen naiv abzusegnen, und plädiert stattdessen für eine ganzheitliche pädagogische Begleitung.
Das Dokument enthält eine Situationsbeschreibung zum gegenwärtigen Stand der Humanwissenschaften, schulpädagogische und schulpastorale Leitlinien sowie Handlungsempfehlungen für die Beteiligten. Demnach müsse die Schule ein sicherer Ort sein, an dem Kinder und Jugendliche Schutz vor Diskriminierung finden, persönliche Entwicklung erfahren und zugleich lernen, andere zu respektieren, betont Bischof Heinrich Timmerevers im Geleitwort. Die kirchliche Sexualmoral solle dabei „differenziert“ vermittelt werden: Umstrittene Themen sollen im Unterricht als solche dargestellt werden, damit Schüler sich ein eigenes, begründetes Urteil bilden können.
Gegenüber der Tagespost weist Weihbischof Renz auf die zunehmenden Anfeindungen in rund 90 Einrichtungen in Württemberg gegenüber Jugendlichen hin, die Schwierigkeiten haben, ihre sexuelle Identität anzunehmen – ein zentrales Anliegen der Broschüre. Zugleich setzt der Weihbischof jedoch auch die Grenzen des Dokuments: Er betont die Notwendigkeit, pädagogisch sensibel vorzugehen, ohne voreilige Schlüsse über vorübergehende Entwicklungsphasen zu ziehen.
Weihbischof Renz mahnt zu Zurückhaltung
Renz betont, dass die Kirche keine „umfassende, humanwissenschaftlich fundierte Präsentation komplexer, persönlichkeitsprägender Entwicklungen in den verschiedenen Phasen der Adoleszenz bezüglich ihrer sexuellen Identität“ leisten könne. Solche Themen seien „nicht Aufgabe der Kirche“ und zudem in Fachkreisen stark umstritten.
Deshalb warnt der Weihbischof vor einem naiven Akzeptieren von allem, „was junge Menschen in bestimmten Phasen ihrer Persönlichkeitsentwicklung und Reifung für eine bestimmte Zeit lang so oder so empfinden mögen“. Vorübergehende Geschlechtsunzufriedenheit sei oft Teil des normalen Entwicklungsprozesses und lege sich bei vielen Jugendlichen wieder.
Er plädiert für einen pädagogisch und therapeutisch begleiteten Ansatz, der jungen Menschen „einen sicheren Raum des Wohlwollens, der Angstfreiheit, des Vertrauens und der Geduld“ bietet. Katholische Pädagogik solle nicht nur Freiräume zum Annehmen der eigenen sexuellen Identität schaffen, sondern zugleich die Aufmerksamkeit auf zentrale Entwicklungsziele jenseits der eigenen Geschlechtsidentität lenken.
