StartWeltNächste Abstimmung im britischen Parlament – Abgeordnete stimmen für Suizidbeihilfe

Nächste Abstimmung im britischen Parlament – Abgeordnete stimmen für Suizidbeihilfe

Nur wenige Tage nach der Abstimmung zur Legalisierung der Abtreibung kam das britische Parlament am Freitag erneut zusammen, um über einen Gesetzentwurf zur Suizidbeihilfe zu entscheiden. Trotz Warnungen der katholischen Bischöfe stimmten die Parlamentarier für die Entkriminalisierung des assistierten Suizids. Damit das Gesetz in Kraft tritt, muss die zweite Kammer des Parlaments, das nicht gewählten House of Lords, über den Gesetzentwurf abstimmen. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz von England und Wales, Erzbischof John Sherrington, zeigte sich „schockiert und enttäuscht“ von dem Ergebnis.

Gesetzentwurf zur Suizidbeihilfe angenommen

Nach einer mehrstündigen Parlamentsdebatte nahmen die Abgeordneten des britischen Parlaments die „Terminally Ill Adults (End of Life) Bill“ in dritter Lesung mit 314 zu 291 Stimmen an. Nach dem Gesetzentwurf der Labour-Abgeordneten Kim Leadbeater ist es unheilbar kranken Erwachsenen in England und Wales unter strengen Bedingungen möglich, Zugang zu Mitteln zur Selbsttötung zu erhalten, sofern ihre geschätzte Lebenserwartung weniger als sechs Monate beträgt. Bisher galt Suizidbeihilfe als Straftat, die mit bis zu 14 Jahren Haft geahndet werden konnte. Damit das Gesetz in Kraft tritt, muss es nun auch vom Oberhaus des Parlaments, dem sogenannten „House of Lords“, beraten und verabschiedet werden. Dies gilt laut Experten und politischen Beobachtern jedoch als sehr wahrscheinlich.

Wie schon in den vorangegangenen Lesungen wurde für die Abstimmung im Unterhaus der Fraktionszwang aufgehoben. Die Abgeordneten waren somit nicht an die Parteilinie gebunden und konnten nach ihrem Gewissen abstimmen. In den vergangenen Monaten wurden immer wieder Änderungsanträge zum Gesetzentwurf von Leadbeater eingebracht. Die letzte Änderung wurde noch am Freitag aufgenommen. Demnach ist es in ganz Großbritannien verboten, für den assistierten Suizid zu werben.

Nach dem angenommenen Gesetzentwurf können Patienten, die älter als 18 Jahre sind und deren Lebenserwartung weniger als sechs Monate beträgt, einen Antrag auf eine tödliche Medikation stellen. Vorher müssen zwei Ärzte sowie ein Gremium, dem ein Jurist, ein Psychiater und ein Sozialarbeiter angehören, unabhängig voneinander zustimmen.

Kritische Stimmen von Religionsvertretern und Organisationen

Erzbischof John Sherrington von Liverpool betonte in einer Stellungnahme, dass er über die Verabschiedung im Unterhaus „schockiert und enttäuscht“ sei. „Wenn man der Ärzteschaft erlaubt, Patienten beim Suizid zu helfen“, verändere sich die Kultur der Gesundheitsversorgung und rufe berechtigte Ängste bei Menschen mit Behinderungen oder anderen besonders gefährdeten Gruppen hervor, warnte er vor den weitreichenden Folgen.

Auch Religionsgemeinschaften kritisierten die Entscheidung in einem offenen Brief. Darin mahnten sie, dass ein Recht auf Sterben leicht dazu führen könne, dass Schutzbedürftige das Gefühl bekämen, sie hätten „die Pflicht zu sterben“.

Sowohl der katholische Erzbischof von Westminster, Kardinal Vincent Nichols, Oberrabbiner Ephraim Mirvis, die anglikanische Londoner Bischöfin Sarah Mullally als auch Vertreter von Sikhs, Hindus und Muslimen forderten stattdessen eine bessere Palliativmedizin und Hospizversorgung anstelle von Sterbehilfe.

Mike Smith, Sprecher der Organisation für die Rechte von Menschen mit Behinderung „Not Dead Yet“, kritisierte die fehlende Weitsicht der Parlamentarier. „Zu viele Abgeordnete betrachten dieses Gesetz im Zusammenhang mit der Linderung des Leidens einzelner Menschen am Lebensende, ohne die vielen Tausenden zu berücksichtigen, deren Leben dadurch bedroht ist“, so Smith noch vor der Abstimmung. Es bestehe die reale Sorge, dass die Sterbehilfe de facto zur ersten Option werde, weil die bestehende Infrastruktur dem Druck nicht gewachsen sei, führte er aus.

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