StartWeltSpannungen zwischen Regierung und Kirche: Spanische Bischofskonferenz fordert Neuwahlen

Spannungen zwischen Regierung und Kirche: Spanische Bischofskonferenz fordert Neuwahlen

Der Ton zwischen der sozialistischen Regierung in Spanien und der katholischen Bischofskonferenz wird rauer. Grund dafür ist die erneute Forderung der spanischen Bischöfe nach Neuwahlen, nachdem führende Politiker sowie einige Personen im Umfeld der regierenden Sozialisten unter Korruptionsverdacht stehen. Der Vorsitzende der Spanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Luis Argüello, forderte zuletzt, den „Bürgern eine Stimme“ zu geben. Die spanische Regierung reagierte auf diese Stellungnahme mit einem Brief an die Bischofskonferenz, in dem sie Erzbischof Argüello vorwirft, sich mit seiner politischen Haltung den rechten Parteien anzunähern.

Korruptionsverdacht in der regierenden Partei

Die spanische Polizei ermittelt derzeit wegen Korruptionsvorwürfen gegen die Frau und den Bruder von Ministerpräsident Pedro Sánchez. Doch nicht nur im familiären Umfeld besteht Korruptionsverdacht, auch innerhalb der Partei laufen Untersuchungen gegen einen früheren Minister und gegen Santos Cerdán. Letzterer ist die Nummer Drei bei den Sozialisten und die rechte Hand von Regierungschef Sánchez. Ihm wird Schmiergeldaffären und Korruption vorgeworfen. Cerdán, die Nummer drei der „Partido Socialista Obrero Español“, dem Pendant zur deutschen SPD, gilt als enger Vertrauter von Parteichef Sánchez und trug maßgeblich dazu bei, dass Sánchez vor acht Jahren erneut an die Spitze der Partei kam.

Wie aus einem Bericht der auf Korruption spezialisierten Polizeieinheit UCO hervorgeht, soll der mittlerweile zurückgetretene Cerdán Schmiergelder für Bauaufträge „verwaltet“ haben. Die Summe der Gelder beläuft sich auf Hunderttausende Euro. Durch aufgezeichnete Gespräche von Cerdán mit dem ehemaligen Verkehrsminister José Luis Ábalos und dessen Berater Koldo García sehen die Ermittler Hinweise auf eine kriminelle Organisation. Seit mehreren Monaten sorgen die Ermittlungen gegen die Politiker für Unmut in der spanischen Bevölkerung.

Spanische Bischofskonferenz fordert Neuwahlen

Gegenüber der Zeitung „ABC“ erklärte der Vorsitzende der Spanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Luis Argüello, dass der „Ausweg aus dieser institutionellen Sackgasse“ darin bestehe, „den Bürgern die Stimme zu geben.“ Die Tatsache, dass Ministerpräsident Sánchez um Vergebung gebeten habe, sei zwar „eine menschlich anerkennenswerte Geste“, politisch jedoch völlig irrelevant, betonte der Erzbischof von Valladolid.

Neuwahlen wünscht sich auch der Generalsekretär der Spanischen Bischofskonferenz, César García Magán. Aus seiner Sicht stehe das Wohl Spaniens über den Interessen der Parteien. Korruption bezeichnete er als eines „der Krebsgeschwüre der Demokratie“. Sie untergrabe ihre Grundlagen, zerstöre die Glaubwürdigkeit und sei ein sehr gefährliches Tor zum Autoritarismus, erklärte Magán.

Regierung antwortet mit Beschwerdebrief

Die Erklärungen der Spanischen Bischofskonferenz kamen bei der Regierung nicht gut an. Wie die Zeitung „El País“ berichtet, sandte Präsidentschaftsminister Félix Bolaños dem Vorsitzenden der Bischofskonferenz einen öffentlichen Beschwerdebrief. Darin warf er Erzbischof Argüello vor, sich durch seine politischen Aussagen zu sehr den rechten und rechtsextremen Parteien sowie politischen Extrempositionen anzunähern.

Weiter prangerte der Minister an, dass die Bischofskonferenz im Jahr 2018 keine Neuwahlen gefordert habe, als die zu dieser Zeit konservative Regierung unter Mariano Rajoy aufgrund von „institutioneller Korruption“ vom Nationalen Gerichtshof verurteilt wurde. Er könne verstehen, „dass die spanische Bischofskonferenz einen Regierungswechsel wünscht, damit Debatten wie über die Entschädigungen für Opfer sexuellen Missbrauchs durch die Kirche erst gar nicht mehr geführt werden“, schreibt er in dem öffentlichen Beschwerdebrief.

Die Schärfe der Reaktion zeigt, wie stark der jüngste Korruptionsskandal die sozialistische Minderheitsregierung unter Druck setzt. Der konservative Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo bemüht sich aktuell vor allem darum, die baskischen und katalanischen Nationalisten dazu zu bewegen, ihre Unterstützung für Sánchez zurückzuziehen, um ihn durch ein Misstrauensvotum abzusetzen. Obwohl die Konservativen bei Neuwahlen voraussichtlich klar gewinnen würden, hätten sie dennoch keine absolute Mehrheit im Parlament, da sie derzeit lediglich von der rechtspopulistischen Partei Vox unterstützt werden.

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