In Eslarn in der Oberpfalz gibt es eine Straße, die nach Georg Zimmermann (1916–1984), einem Diözesanpriester aus dem Bistum Regensburg, benannt ist. Der Diözesanmusiker wurde jedoch aufgrund des Missbrauchs an Kindern zu einer Haftstrafe verurteilt und saß im Gefängnis. Doch in seiner Heimatgemeinde, wo er seinen Ruhestand verbrachte, blieb er weiterhin ein angesehener Mann. Deshalb wurde eine Straße nach ihm benannt. Allerdings forderten nun Anwohner die Umbenennung der Straße. Dies wurde jedoch am Sonntag in einem Bürgerentscheid abgelehnt.
700 Unterschriften für den Bürgerentscheid
Anwohner der Georg-Zimmermann-Straße forderten vehement die Umbenennung der Straße und sammelten dafür fleißig Unterschriften. 700 Personen unterschrieben den Aufruf zum Bürgerentscheid, welcher vom Gemeinderat zugelassen wurde. Die Initiative geht auf den Regensburger Betroffenenbeirat zurück, der unter anderem Aussagen eines Bürgers der Marktgemeinde Eslarn präsentierte, der mutmaßlich vom Geistlichen missbraucht wurde. Vonseiten des Betroffenenbeirats heißt es, dass dieses Straßenschild die Bürger immer wieder zu Opfern mache. Als ein Mitglied des Betroffenenbeirats während einer Veranstaltung der örtlichen SPD von seinen schrecklichen Erlebnissen und Demütigungen erzählte, seien alle Anwesenden zutiefst „beeindruckt und zugleich schockiert“ gewesen, so der Bürgermeister Reiner Gäbl (SPD). Ein Anwohner forderte einen QR-Code, der auf die Taten des Namensgebers hinweisen sollte. Für ihn sei es nicht tragbar, dass Straßennamen den Namen von Verbrechern tragen, sagte er.
Auch das Bistum Regensburg stimmte dem zu. Solange die Straße den Namen des Verbrechers Missbrauchstäters trage, würden seine Taten verharmlost, „während ihm selbst Verehrung zuteil wird“, heißt es aus dem Bistum. Den Betroffenen sei es nicht zuzumuten, dass ihr eigenes Leid ignoriert und stattdessen der Täter geehrt werde. Im Bürgerentscheid hatten am Sonntag 2.200 Wahlberechtigte die Möglichkeit, über eine Änderung des Straßennamens abzustimmen.
Bürger stimmen gegen Änderung des Straßennamens
58 Prozent stimmten laut der Auszählung des Wahlergebnisses vom Sonntagabend beim Bürgerentscheid gegen eine Umbenennung des Namens. Der Betroffenenbeirat reagierte auf den Ausgang des Entscheids mit Bedauern. Es sei eine verpasste Chance, ein klares Signal zu setzen, heißt es vom Beirat. Die Bürgerinnen und Bürger hätten im Umgang mit den Betroffenen ein Vorbild über die Marktgemeinde hinaus sein können. Für alle Betroffenen heißt es somit, ein weiteres Mal zum Opfer gemacht zu werden, so der Betroffenenbeirat in einer Mitteilung. Weiter führt er aus, dass sie mit ihrem Leid wieder nicht gehört wurden, „so wie uns in unserer Kindervergangenheit Scham und Schande davon abhielten zu sprechen“.
Weiter hofft der gesamte Beirat für die Marktgemeinde Eslarn, dass die Kirche im Ort die Verantwortung erkenne und handele, wie es auch die Bistumsspitze mit Bischof Dr. Voderholzer und Generalvikar Dr. Batz getan habe. Priester Georg Zimmermann, nach dem auch ein Chor und eine örtliche Musikschule benannt sind, genießt weiterhin hohes Ansehen in der Gemeinde. Doch bis das Tatgeschehen eines Tages aufgearbeitet wurde, bleibe die Spaltung der Gemeinde bestehen. Deshalb bietet der Betroffenenbeirat Hilfe bei der Aufarbeitung und Prävention an.
Im Vorfeld hatte Bürgermeister Gäbl den Anwohnern zugesichert, dass auf sie keine Verwaltungskosten zukommen werde. Die Kosten für Verwaltungsgebühren im Zuge der Ummeldung hätte die Gemeinde getragen. Der Aufwand wäre dem einer Umzugsmeldung gleichgekommen, sagte Gäbl im Gespräch mit dem Magazin „Spiegel“. Doch im Vergleich zu dem, dass sich jemand massiv an Kindern und Jugendlichen vergangen hat, die von ihm abhängig waren, sei das doch nachrangig, betonte der Bürgermeister und stellte den Gegensatz zu dem, was Betroffene erlebt haben, heraus.