StartWeltGesetzesentwurf zur Sterbehilfe: Druck in Frankreich steigt

Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe: Druck in Frankreich steigt

Ende April traf sich Frankreichs Präsident mit einem Bürgerkonvent, um über einen Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe zu debattieren. Das Bürgerkonvent umfasste rund 200 Franzosen, die in einem Losverfahren ausgewählt wurden, um über eine lebensentscheidende Frage zu beraten. Im Vorstand des Konvents war Jean-François Delfraissy, der seit fast einem Jahrzehnt auch Frankreichs Ethikrat vorsteht. Als Immunologe ist er in engem Kontakt mit Aidskranken und forschte am HI-Virus, was sein großes Engagement für die Sterbehilfe erklärt. Doch bis heute bleibt die Frage nach der Sterbehilfe in Frankreich ungeklärt. Der Druck auf die französische Regierung steigt.

Patienten leiden unter unheilbaren Krankheiten

Delfraissy vertritt daher eine Meinung darüber, wie das Lebensende medizinisch sowie ethisch betreut werden sollte und wie man Betroffenen helfen könne. Diese Meinung fand sich im neuen Gesetz wieder, welches ab Ende Mai im französischen Parlament debattiert werden sollte. Das Gesetz erfülle den Wunsch der Patienten, „in den letzten Momenten begleitet zu werden“, erzählte Delfraissy. Er selbst sei der Ansicht, dass dies nichts mit Euthanasie zu tun habe, da der Patient selbst entscheiden könne, ein todbringendes Mittel einzunehmen. Nach einer Umfrage des Instituts IFOP befürworten 85 Prozent der Franzosen die Möglichkeit des assistierten Suizids.

Die Kirche zählt zu den größten Kritikern der Sterbehilfe. So sollte der Fokus nicht auf das vorzeitige Beenden des Lebens gesetzt werden, sondern die Angebote der Palliativmedizin gefördert werden. Hierzu sei der erste Teil des Gesetzesentwurfs zuständig, äußerte sich Delfraissy, der die Dimensionen der Palliativmedizin aufzeigte. So sterben jährlich 60.000 Menschen in der Palliativmedizin. Das sei ein Zehntel aller Sterbefälle, „ein Bruchteil“, erklärte der Vorstand des Bürgerkonvents. Auch Präsident Macron sieht in der Verbesserung der Palliativmedizin Handlungsbedarf. Zwar sei die Anzahl der Betten in den Einrichtungen der palliativen Betreuung stark gewachsen, dennoch sei das System „schlecht an die modernen Erfordernisse angepasst“.

Verhandlungen zu Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe verschoben

Bereits im Juni befassten sich die französischen Abgeordneten mit dem sehnsüchtig erwarteten Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe. Die Abstimmung über diesen Gesetzestext sollte bereits am 18. Juni stattfinden. Doch nach der vernichtenden Niederlage der Bewegung Macrons bei den Europawahlen am 9. Juni durch Marine Le Pens rechtspopulistische Rassemblement National kam es zur überraschenden Auflösung des Parlaments. In der Folge kam auch die Verhandlung über den Gesetzesentwurf zum Erliegen. Daraufhin legte der linksliberale Politiker Olivier Falorni den zu verhandelnden Text „bis auf das letzte Komma genau“ erneut vor.

Das bedeute nicht, „dass man von Null beginnen müsse“, aber man sei verpflichtet, die Studie ab dem ersten Artikel aufzunehmen. Es sei wesentlich, die Debatte zum Abschluss zu bringen, um nicht „Hunderte Stunden“ Verhandlungen und Anhörungen umsonst gemacht zu haben. Es ist bereits bekannt, dass die Debatte im französischen Parlament zwischen dem 27. Januar und 3. Februar 2025 nachgeholt und begonnen wird. Dabei spaltet der Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe die Regierung.

Demnach sind einige Minister gegen das geplante Gesetz. So auch die Landwirtschaftsministerin Annie Genevard und der Innenminister Bruno Retailleau. Aber auch die Arbeitsministerin Astrid Panosyan-Bouvet lehnt den Gesetzesentwurf ab. Dafür sind unter anderem die Ministerin für ökologischen Wandel, Energie und Klima, Agnès Pannier-Runacher, der Industrieminister Marc Ferracci und der Solidaritätsminister Paul Christophe für das Gesetz. Die neue Gesundheitsministerin hält sich bisher zu diesem Thema bedeckt. Bevor sie Gesundheitsministerin wurde, war sie als Abgeordnete im Sonderausschuss zum Thema Sterbehilfe eingesetzt. Dort habe ihr der Entwurf mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben, sagte sie. Falorni jedoch glaubt, dass sie ihre Haltung geändert habe und nicht mehr „so ablehnend“ sei. Bei der französischen Bevölkerung findet der Gesetzesentwurf jedoch große Zustimmung. Nach Umfragewerten des französischen Meinungs- und Marktforschungsinstituts IFOP sind 90 Prozent der Franzosen für ein entsprechendes Gesetz.

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