StartFamilieSterbehilfe in Großbritannien ein Thema im Parlament

Sterbehilfe in Großbritannien ein Thema im Parlament

Ein Labour-Gesetzesvorschlag könnte in Wales und England bald enorme Folgen haben. Durch das Gesetz wird die Mitwirkung an der Selbsttötung von unheilbaren Menschen, die nach Ärztemeinung weniger als sechs Monate Lebenszeit haben, legalisiert. Ob dieser Gesetzentwurf zur Sterbehilfe angenommen wird, entscheidet am heutigen Freitag (29. November) das britische Parlament. In einem offenen Brief wandten sich dreißig führende Vertreter von Kirchen und Religionsgemeinschaften vor der Freigabe durch Richter und zwei Ärzte.

Erfahrungen mit Sterbehilfe zeigen tragische Folgen

Im Wahlkampf hatte der neue Labour-Premier Keir Starmer angekündigt, Sterbehilfe legalisieren zu wollen. Dieser Ankündigung folgte ein durch die Labour-Abgeordnete Kim Leadbeater vorgebrachter Gesetzesvorschlag. Der Entwurf verlangt, dass ein Richter und zwei Ärzte den Patientenwunsch nach Suizid bestätigen müssen. Damit sie diesen Wunsch äußern können, müssen zuvor Ärzte feststellen, dass die Patienten noch maximal sechs Monate zu leben haben. Stellvertretend für Patienten dürfen auch bevollmächtigte Dritte den Antrag stellen.
Die Legalisierung der Sterbehilfe könnte „allzu leicht“ dazu führen, dass schutzbedürftige Menschen das Gefühl bekommen, sie hätten „die Pflicht zu sterben“, heißt es in dem offenen Brief.

Das Schreiben, in dem die Vertreter der Religionsgemeinschaften vor dem Recht auf Beihilfe zum Suizid warnen, wurde in der Zeitung „The Observer“ veröffentlicht und unter anderem vom katholischen Erzbischof von Westminster, Kardinal Vincent Nichols, Oberrabbiner Ephraim Mirvis, der anglikanischen Londoner Bischöfin Sarah Mullally sowie Vertretern von Sikhs, Hindus und Muslimen unterzeichnet. Bereits gemachte Erfahrungen in Staaten wie Kanada oder dem US-Bundesstaat Oregon, die eine ähnliche Gesetzeslage haben, zeigten, „wie tragisch die unbeabsichtigten Folgen sein können“, erklären die Religionsvertreter. Weiter kritisieren sie, dass die versprochenen Schutzmaßnahmen „die Schwachen und Ausgegrenzten nicht immer geschützt“ haben.

Förderung und Ausbau der Palliativmaßnahmen

In einem solchen Gesetz haben „die versprochenen Schutzmaßnahmen die Schwachen und Ausgegrenzten nicht immer geschützt“, heißt es im Schreiben. So fordern sie anstelle der Sterbehilfe eine „wirklich mitfühlende“ Antwort. Diese liegt in der Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Palliativdiensten – und zwar für „alle, die sie benötigen“. Damit verdeutlichen die Religionsvertreter die Notwendigkeit der seelsorgerischen Begleitung von Kranken und Sterbenden. Durch den Gesetzentwurf öffnet sich allerdings die Möglichkeit von lebensbedrohlichem Missbrauch und Zwang, schreiben die Unterzeichner.

Abstimmung über die Sterbehilfe im Unterhaus

Bevor es am Freitag zur Abstimmung im Unterhaus (House of Commons) kommt, findet eine mehrstündige Debatte über das Gesetz statt. Nach den Angaben britischer Medien äußern sich mehr als 100 Parlamentarier zur Sterbehilfe. Welche Entscheidung getroffen wird, ist noch völlig unklar, berichtete die BBC am Montag. Einige Vertreter im Unterhaus seien noch unschlüssig, heißt es weiter. Andere Regierungsmitglieder, wie die Bildungsministerin Bridget Phillipson, Justizministerin Shabana Mahmood oder auch Gesundheitsminister Wes Streeting, widersetzten sich zuletzt dem Gesetzentwurf, während andere ihre Unterstützung betonten.

Der katholische Ärzteverband ruft die Abgeordneten dazu auf, mit Nein zu stimmen. Zwar beinhaltet der Gesetzesentwurf eine Klausel für Ärzte, die sich nicht an der Sterbehilfe beteiligen wollen. Allerdings sei diese Klausel zur Verweigerung aus moralischen Gründen „sehr schwach“, sagte der Präsident des Ärzteverbands, Mike Delany. Denn der Entwurf sieht vor, dass jeder Arzt, der sich weigert, den Patienten an einen anderen Arzt überweisen muss, der die Sterbehilfe durchführt. Somit ist jeder Arzt verpflichtet, an der Selbsttötung mitzuwirken: „Wenn nicht persönlich, dann durch Überweisung an einen anderen Arzt.“ „Kein katholischer Arzt könnte das mit gutem Gewissen tun“, erklärt Delany.

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