Als erste Region Italiens beschließt die Toskana die Regelung zur Beihilfe zum Suizid. Während eine gesamtheitliche nationale Regelung diesbezüglich fehlt, regelt das Gesetz den Zugang sowie die Durchführung des medizinisch assistierten Suizids. Die Sterbehilfe stellt in Italien bisher ein rechtliches Vakuum dar, weshalb die Region mit der Entscheidung für die Sterbehilfe heftigen Widerstand auslöst. Die katholische Kirche, aber auch andere katholische Organisationen wie die Lebensschutzgruppe „Pro Vita Famiglia“ zeigen sich geschockt von der Entscheidung der Region.
Entscheidung für Beihilfe zum Suizid
Nach einer zweitägigen Debatte nahm der Regionalrat am Dienstagabend mit 27 zu 13 Stimmen den Vorschlag an. Somit ist die Toskana die erste Region Italiens, die ein Gesetz zur Regelung des medizinisch assistierten Suizids verabschiedet hat. Darin wird unter anderem der Zeitrahmen sowie die Zuständigkeiten für den Zugang zum Verfahren geregelt. Demnach hat ein medizinisches Gremium 30 Tage Zeit, um den Antrag auf Suizidbeihilfe zu prüfen. Sollte ein Antrag genehmigt werden, muss der Gesundheitsdienst innerhalb von zehn Tagen Medikamente sowie Personal bereitstellen, die den medizinisch assistierten Suizid durchführen. Eine Ausnahme stellt der Wunsch der Patienten dar, die eine Begleitung durch ihren eigenen Arzt bevorzugen.
Weiterhin garantiert das Gesetz die Gleichbehandlung aller Patienten, die sich mit dem Antrag an die lokalen Gesundheitsbehörden wenden. Zudem stellt die Regelung sicher, dass das gesamte Verfahren kostenfrei ist. Die italienische Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die dem Thema kritisch gegenübersteht, kann das Gesetz innerhalb von 60 Tagen vor das Verfassungsgericht bringen.
Kritik von Lebensschutzorganisationen und der Kirche
Die für Befürworter „längst überfällige“ Regelung sorgt insbesondere bei der katholischen Kirche sowie weiteren Lebensschutzorganisationen für scharfe Kritik. So verurteilten die katholischen Bischöfe der Toskana das Gesetz als „Niederlage für alle“. Der Vorsitzende der Toskanischen Bischofskonferenz, Kardinal Augusto Paolo Lojudice, erklärte, dass man die Entscheidung des Regionalrats der Toskana zur Kenntnis nehme, aber die Kirche sich „unter keinen Umständen“ vom Einsatz für das Leben zurückziehe. In der am Dienstagabend veröffentlichten Stellungnahme forderte er Krankenhausseelsorger, Ordensleute und Ehrenamtliche, „die in Hospizen und an all den Orten arbeiten, an denen man jeden Tag mit Krankheit, Schmerz und Tod konfrontiert ist“, trotz allem Hoffnung und Leben zu verbreiten.
Da es in Italien keine feste Regelung zum assistierten Suizid gab, löst die Entscheidung nicht nur Diskussionen in der Toskana aus. Zwar entschied das Verfassungsgericht 2019, dass unter Umständen die Beihilfe zum Suizid straffrei sei, doch zu einer nationalen Gesetzgebung kam es nie. Erst im vergangenen Jahr bestätigte das Gericht die damals festgelegten Bestimmungen für den Zugang und die Erleichterung des assistierten Suizids. Die Richter forderten die Regierung dazu auf, eine einheitliche Lösung zu entwerfen, doch bislang kam das Parlament dieser Aufforderung nicht nach. Auch deshalb gibt es in anderen Regionen Italiens Debatten um entsprechende Gesetze.