Der kürzlich von Vertretern der Grünen und der SPD vorgelegte Gesetzentwurf zur Abtreibung erhielt von vielen Organisationen zum Lebensschutz und CDU/CSU-Politikern Gegenwind. Der Gesetzentwurf sieht eine Streichung des § 218 vor. Rechtsverstöße gegen Abtreibung würden dann nur noch eine Ordnungswidrigkeit darstellen und mit einem Bußgeld geahndet werden. Mit dem Gesetzentwurf geht die Regierung auf Kollisionskurs mit dem Verfassungsrecht. Dennoch erklärten die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws und die SPD-Politikerin Carmen Wegge, den Antrag zur Neuregelung der Schwangerschaftsabbrüche zu stellen, da man davon ausgehe, diesen noch in dieser Legislaturperiode beschließen zu können. Kritik kam von CDU-Chef Friedrich Merz und der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CSU, Dorothee Bär. Die CSU-Abgeordnete kündigte an, sich mit aller Kraft gegen den Entwurf zu wehren.
Neuregelung spaltet die Regierung
Der Gesetzentwurf wurde von vielen hochrangigen Politikern unterzeichnet. So unterschrieben Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Robert Habeck und die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge. Unterschriften unter dem Antrag kamen auch von den Parteivorsitzenden der SPD Saskia Esken und Lars Klingbeil sowie SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Große Kritik erntete die Unterschrift von Bundeskanzler Olaf Scholz. Besonders von CDU-Chef Merz kam großer Widerstand. Er sei entsetzt darüber, dass der Bundeskanzler, der von Zusammenhalt und von Gemeinsinn spricht, auf dem Gruppenantrag der SPD, Grünen und Teilen der FDP unterschreibt. Auch die Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Silvia Breher, findet deutliche Worte gegen den Gesetzentwurf. So sei es verantwortungslos, „ein so hoch emotionales Thema, ohne eine angemessene Beratungszeit durch das Parlament zu peitschen“, erklärt sie. Die Befürworter dieses Antrags, kritisiert Breher, würden neue gesellschaftliche Unruhen provozieren, die vor allem Frauen schaden würden, die sich in einem Schwangerschaftskonflikt befinden.
Unterstützung bekommt sie von Günter Krings, dem rechtspolitischen Sprecher der Union. So betont er die eindeutige Haltung zum Verfassungsrecht, das auch ungeborenes Leben schützt. Nach Berichten des juristischen Fachportals LTO erklärt Familienministerin Lisa Paus, dass es sich um ein komplexes medizinethisches Thema handele. So müssten Frauen selbstbestimmend über den Umgang mit der Schwangerschaft entscheiden können, ohne dafür strafrechtlich belangt zu werden. Doch damit befindet sich die Bundesministerin sowie alle Befürworter auf Kollisionskurs mit dem Verfassungsrecht.
Gesetzesentwurf steht im Konflikt mit geltendem Verfassungsrecht
Bereits in einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 1975 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass sich im Mutterleib entwickelndes Leben als selbständiges Rechtsgut unter dem Schutz der Verfassung steht (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 1 Abs. 1 GG). Somit ist es dem Staat nicht nur verboten, durch staatliche Eingriffe in das Leben einzugreifen, sondern er hat zudem die Pflicht, den Schutz des entwickelnden Lebens zu gewährleisten und zu fördern. Weiter heißt es darin, dass der Lebensschutz über der gesamten Schwangerschaftszeit über dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren steht und nicht in Frage gestellt werden darf.
Im Jahr 1993 wurde dann das Recht beider berücksichtigt. Daraus ergab sich die Schwangerschaftsberatung, die mit dem neuen Gesetzentwurf zum Teil entfallen würde. Durch die Beratungspflicht ist es möglich, die Schwangerschaft in den ersten 12 Wochen nach Einhaltung einer Drei-Tages-Frist durch einen Arzt abzubrechen. Deshalb steht dem Gruppenantrag der Vorwurf des Verstoßes gegen geltendes Verfassungsrecht gegenüber. Gegenüber LTO spricht der Jurist Patrick Heinemann von einer gefährlichen Relativierung des Lebens- und Menschenwürdeschutzes durch die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Den vorgelegten Gesetzentwurf zur Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin überzeugt er nicht. „Grundrechte gelten oder sie gelten nicht“, betont er. Der Abschlussbericht der Kommission sei ein schwerer Schlag gegen den Lebens- und Menschenwürdeschutz des ungeborenen Lebens, so Heinemann. So müsse überlegt werden, „ob nicht jeder Versuch einer Relativierung der Menschenwürde – sei es auch durch das Bundesverfassungsgericht selbst – besser zurückgewiesen gehört“, so Heinemann. Zum Abschluss verweist er auf die Ewigkeitsgarantie des Grundgesetzes, die nach Artikel 79, Absatz 3 des Grundgesetzes geregelt ist. Darin kann der Schutz der Menschenwürde nicht einmal mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit entfernt werden.