StartWirtschaft & PolitikSchutzhecke gegen Abtreibungsgegner vor dem Landeskrankenhaus Bregenz?

Schutzhecke gegen Abtreibungsgegner vor dem Landeskrankenhaus Bregenz?

Dreimal wöchentlich findet vor dem Landeskrankenhaus Bregenz eine Gebetsstunde statt, die von Abtreibungsgegnern veranstaltet wird. Die Gruppe betet dort – zumindest aktuell noch – legal und möchte auf diese Weise ein sichtbares Zeichen gegen Schwangerschaftsabbrüche setzen. Das öffentliche Landeskrankenhaus möchte diese Gebete direkt vor dem Krankenhaus aber nun verbieten. Aus diesem Grund legte die Krankenhausleitung bereits eine Thujen-Hecke als „Schutzwall“ an, damit die Demonstranten aus dem Blickfeld verschwinden, insbesondere der Frauen, die sich für den Weg des Abbruchs entschieden haben. Der Erfolg dieser Maßnahme fällt jedoch eher mäßig aus, denn Hecke befindet sich noch in der Wachstumsphase und hat noch nicht die gewünschte Dichte erreicht, sodass die betende Gruppe durch die Hecke weiterhin zu sehen ist.

Demonstranten reagieren mit Schildern

Die Abtreibungsgegner reagierten mit Gegenmaßnahmen auf die Hecke. Sie brachten lange Stangen an den Schildern an, auf denen Phrasen stehen wie „Danke, dass du dich für mich entschieden hast“ oder Abbildungen eines Embryos in der Gebärmutter zu sehen sind.

Die Gebetsgruppe versammelt sich dreimal in der Woche auf dem Krankenhausvorplatz, um gegen die Abtreibungen, die im Klinikum vorgenommen werden, zu demonstrieren. Rund eine Stunde lang hört man die Betenden hinter der Hecke murmeln. Auf diese Weise möchten sie erreichen, dass Abtreibungen in öffentlichen Krankenhäusern von der Politik verboten werden. Nun fordert jedoch die Krankenhausleitung seitens der Landesregierung ein zügiges Handeln gegen die Demonstranten.

Vorarlberger Landespolitik: Abtreibungen in öffentlichen Krankenhäusern schon lange eine Streitfrage

Über viele Jahre hinweg gab es in der Vorarlberger Landesregierung Diskussionen rund um das Thema der Schwangerschaftsabbrüche in öffentlichen Krankenhäusern. Ziel der Diskussion war es, den Frauen den Abbruch einer Schwangerschaft zu ermöglichen. Bis zum Herbst 2023 war die Devise in der ÖVP, der Partei des Landeshauptmanns Mag. Markus Wallner, dass die Abtreibung nicht in öffentlichen Spitälern durchgeführt werden dürfe. Diese Angelegenheit nahm an Fahrt auf, als der einzige Privatarzt, der solche Abbrüche durchführte, seine Rente einreichte.

Ab diesem Zeitpunkt nahm der Druck auf die Landesregierung und die Landesrätin für Gesundheit und Sport, Martina Rüscher (ebenfalls ÖVP) zu. Die 52-Jährige bevorzugte bereits zu diesem Zeitpunkt die Nutzung der Krankenhäuser für künftige Abbrüche. Der Landeshauptmann musste sich dem Druck beugen, weshalb im Bregenzer Landeskrankenhaus, zum Unmut der Abtreibungsgegner, seit November 2023 Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden können. Diese finden zwar in einer Privatpraxis statt, aber dennoch innerhalb der öffentlichen Klinik.

Nach dem Stand vom 22. Januar 2024, also rund drei Monate nach der Debatte im Landtag, wurden laut der Krankenhausleitung sechs der 30 Abbrüche operativ durchgeführt. Die restlichen 24 Abbrüche erfolgten medikamentös, was grundsätzlich bis zur vollendeten 9. Schwangerschaftswoche möglich ist.

Krankenhaus sieht sich vor doppelter Verantwortung

Während einer Landtagssitzung (Plenarsitzungstage) gilt eine sogenannte Bannmeile mit einem Radius von 300 Metern. Dort dürfen während einer Sitzung keine Demonstrationen stattfinden. Das Gleiche wünschen sich nun die Krankenhäuser. Die Sprecherin der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG) begründet diese Forderung mit der doppelten Verantwortung, welche die Krankenhäuser zu tragen haben. Unter der doppelten Verantwortung versteht die Sprecherin den „Schutz der Mitarbeiter“ und die „sichere Versorgung für Frauen in einer Ausnahmesituation.“

Da die Hecke nicht den gewünschten Erfolg bewirkte und die Schutzmaßnahme bereits umgangen wurde, wären „weitere Schutzmaßnahmen hier also durchaus effektiv und wünschenswert.“ Für die gewünschte Bannmeile ist allerdings eine Mehrheit im Nationalrat nötig, die nach einer kürzlich durchgeführten Umfrage der Vorarlberger Nachrichten (VN) jedoch fraglich wäre.

Verstörte Patienten im Krankenhaus

Direkte Belästigungen sind in den Krankenhäusern noch nicht bekannt geworden, weder an Patientinnen noch an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dennoch sind die Protestaktionen nach Aussage der KHBG-Sprecherin, störend für die Patienten und die Kinder auf den Stationen. Die Demonstrationen wirken nicht nur „auf Frauen, die aufgrund eines Schwangerschaftsabbruches das Krankenhaus aufsuchen“ verstörend, sondern auch auf jene, die beispielsweise wegen einer schwierigen Diagnose oder unter Umständen auch wegen einer Fehlgeburt in die gynäkologische Abteilung kommen müssen.

Zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden Gruppengespräche, aber auch Einzelgespräche angeboten sowie eine gesonderte E-Mail-Adresse eingerichtet. Über dieses Postfach können Abtreibungsgegner ihr Anliegen vorbringen, ohne dabei die Mitarbeiter direkt anschreiben zu müssen.

Wer ist die Gruppe der Abtreibungsgegner?

Kopf der Gruppe, die sich selbst nicht als Abtreibungsgegner, sondern vielmehr als Schützer des Lebens sehen, ist Christoph Alton. Er ist der Hauptverantwortliche der politischen Partei „WIR“, die sich für die Stärkung der Familie und für die Schaffung einer gesunden Gesundheit einsetzt. Seit mehr als 20 Jahren organisiert er den Marsch des Lebens (international „March of life“). Mit seiner Partei tritt er am 13. Oktober zur Landtagswahl in Vorarlberg an. Seine Gruppe war die erste Kleinpartei, welche die nötigen Unterschriften dafür vorlegen konnte. Daran trägt seiner Meinung nach auch sein Einsatz gegen die Schwangerschaftsabbrüche bei.

Seine Gruppe ist der Grund, weshalb die Krankenhaus-Betriebsgesellschaft die Thujen-Hecke anpflanzen ließ. Diese soll die Patientinnen und Patienten vor den Blicken der Demonstranten schützen, die sich auf dem öffentlichen Weg dahinter aufhalten und beten dürfen. Auf dem Klinikgelände dürfen die Lebensschützer nicht protestieren.

Teilnehmer mit unterschiedlichen Hintergründen

Zur Gebetsgruppe gehören verschiedene Teilnehmer, so beispielsweise auch die 33-jährige Mutter Clarina Fussenegger. Die Ärztin aus Dornbirn betet mit ihrem eineinhalbjährigen Sohn im Arm für die das Lebensrecht der ungeborenen Kinder. Ihr kommt es bei der Aktion darauf an, das Bewusstsein der Menschen dafür zu schärfen, dass es sich bei einer Abtreibung immer um eine Tötung handelt. Da spiele auch der Grund der Schwangerschaft keine Rolle. „Egal ob gewollt oder ungewollt, auch nach einer Vergewaltigung. Es ist immer die Tötung eines Menschen. Das Kind kann ja nichts dafür“, so die Lebensschützerin. Neben ihr in der Reihe steht auch die 62-jährige Bludenzerin Michaela Rhomberg. Die passionierte Ärztin sieht die Abtreibung im Landeskrankenhaus eher pragmatisch. Für sie ist die Klinik nicht der richtige Platz für eine Abtreibung, da es sich nicht um eine Leistung der Gesundheitskasse handelt. „Abbrüche im LKH sind unnötig“, so Rhomberg.

Nach einer Stunde des Gebets löst sich die Gruppe aus Männern und Frauen unterschiedlichen Alters auf. Doch sie werden wiederkommen – und zwar solange es das Gesetz erlaubt! Sie werden auch dann kommen und gemeinsam beten, wenn sie durch die Schutzhecke irgendwann gar nicht mehr zu sehen sein werden.

© Beitragsbild: @ wirestock_creators – ID# 595843986

RELATED ARTICLES

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beliebteste

Neue Kommentare

GodMag

Kostenfrei
Ansehen