StartWeltSrebrenica: Renovabis-Chef appelliert zum Schutz der Menschenwürde

Srebrenica: Renovabis-Chef appelliert zum Schutz der Menschenwürde

Pfarrer Thomas Schwartz, Hauptgeschäftsführer des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis, nahm am 11. Juli an der Gedenkfeier zum Genozid in Srebrenica teil. Er erinnerte mit eindringlichen Worten an Europas Verpflichtung und rief dazu auf, entschlossen für die Menschenwürde einzutreten. Besonders bewegend war die Rede einer Betroffenen, die mit großem Applaus gewürdigt wurde. Einen Kritikpunkt sah Schwartz jedoch in der Ansprache des türkischen Parlamentspräsidenten und dessen israelfeindlichen Parolen. Dennoch erkennt er Hoffnung in kleinen Zeichen der Versöhnung.

Einladung zur Gedenkfeier in Srebrenica als Anerkennung für langjähriges Engagement

Seit 1994 engagiert sich Renovabis in Bosnien und Herzegowina für Projekte, die den Dialog fördern, das Miteinander stärken und Versöhnung ermöglichen sollen. Dazu zählen unter anderem das Bildungsprogramm „14 Schulen für Europa“, Gesprächsformate zur Aufarbeitung der Gewalterfahrungen sowie zahlreiche Initiativen zur Förderung des multiethnischen Zusammenlebens. „Renovabis hat dabei immer wieder selbst Impulse gesetzt“, betont Schwartz. Das übergeordnete Ziel sei es, „Perspektiven für ein friedliches Zusammenleben zu schaffen“.

Zu den Geschehnissen vor 30 Jahren sieht Pfarrer Schwartz die Verantwortung nicht nur bei der serbischen Armee, sondern erkennt auch ein Versagen der Völkergemeinschaft. Das sagte er am Rande der zentralen Gedenkfeierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Massakers von Srebrenica gegenüber Radio Vatikan. Zwischen dem 11. und 19. Juli verübten Einheiten der bosnisch-serbischen Armee gemeinsam mit serbischen paramilitärischen Gruppen ein Massaker an mehreren Tausend Männern und Jungen, die in der UN-Schutzzone von Srebrenica Zuflucht gesucht hatten. Im Jahr 2007 stufte der Internationale Gerichtshof diese Verbrechen als Völkermord ein.

Als einziger Repräsentant eines deutschen kirchlichen Hilfswerks vertrat Pfarrer Thomas Schwartz die katholische Solidaritätsaktion Renovabis bei der Gedenkfeier. Er sieht in der Einladung durch die bosnische Regierung eine Würdigung des langjährigen Engagements von Renovabis auf dem Westbalkan.

Gedenkfeier mit bewegenden und irritierenden Momenten

Zahlreiche Gäste kamen bei der Gedenkfeier zu Wort. Eine Ansprache einer Mutter, die ihren Mann und ihren Sohn beim Völkermord verloren hatte, sei besonders bewegend gewesen. „Sie hat uns allen ins Gewissen geredet, dass Nationalismus, Faschismus, Menschenverachtung und Gewalt nicht das letzte Wort haben dürfen“, so der Pfarrer. Stattdessen, so betonte er, müsse die Würde jedes einzelnen Menschen den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Handelns bilden. Die Rede wurde mit stehenden Ovationen bedacht – auch wenn nicht alle Anwesenden jedes Wort vollständig verstanden hatten.

Besonders bewegt zeigte sich Schwartz angesichts der Beisetzung von sieben neu identifizierten Opfern, die nach drei Jahrzehnten endlich unter ihrem Namen bestattet werden konnten. „Ihnen wurde damit ein Stück Würde zurückgegeben – die Würde, nicht namenlos in Vergessenheit zu geraten“, erklärte er.

Kritisch sah der deutsche Vertreter allerdings die Rede des türkischen Parlamentspräsidenten, der in seiner Ansprache israelfeindliche Parolen verbreitet habe. „Das hatte nichts mit stillem Gedenken oder Würde zu tun“, prangerte Schwartz an. Dies sei besonders irritierend vor dem Hintergrund, dass die Türkei den Völkermord an den Armeniern bis heute abstreite.

Trotz Spannungen: Zeichen der Hoffnung

Doch trotz solcher Spannungen gab es nach Aussage des Pfarrers auch Momente der Hoffnung. So berichtete er von einem hochbetagten serbisch-orthodoxen Metropoliten, der die Delegation spontan zum Gräberfeld begleitete. An seinem Gesicht sei deutlich abzulesen gewesen, wie sehr ihn die Geschehnisse bewegten. „Ein einzelner Mann, der wie Salz in der Erde Hoffnung gibt, dass er nicht allein bleibt.“

Der Einsatz für die Menschenwürde, so betonte Schwartz, beschränke sich nicht allein auf Srebrenica. Auch die Mutter, die das Wort ergriffen hatte, habe ausdrücklich die Ukraine und das Heilige Land erwähnt. Überall dort, wo Menschen ums Überleben ringen, sei Solidarität notwendig. „Wir Christen dürfen nicht aufhören, unsere Stimme zu erheben – ob es passt oder nicht“, mahnte Schwartz. Renovabis werde sich auch künftig in Mittel-, Ost- und Südosteuropa für Versöhnung und die Achtung der Menschenwürde starkmachen.

VERWANDTE ARTIKEL

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beliebteste

Neue Kommentare

GodMag

Kostenfrei
Ansehen