Der Kölner Priester Michael Kahle beleuchtete in seinen spirituellen Betrachtungen beim Circolo San Pietro in Rom das zentrale Thema der Karwoche: die persönliche Begegnung mit Jesus Christus, dem leidenden, gekreuzigten und auferstandenen Erlöser, in den österlichen Feierlichkeiten des Triduum Sacrum. Kahle ist Kanoniker der Basilika Santa Maria Maggiore und ein Mitarbeiter des Dikasteriums für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. In den vom Circolo San Pietro organisierten Exerzitien betrachtete der Kölner Priester die Fußwaschung am Gründonnerstag, die Kreuzverehrung am Karfreitag und das Osterlicht der Vigilfeier.
Die Betrachtung der zentralen Riten
„Jesus Christus möchte uns in der Liturgie begegnen“, begann Michael Kahle seine erste Betrachtung zur Vorbereitung auf das Osterfest. Der Weg in das heilige Triduum beginne am Palmsonntag mit der Frage: „Wer bin ich vor Jesus, der feierlich in Jerusalem einzieht?“ Diese Frage lade zur Selbsterkenntnis und – ähnlich wie es Papst Franziskus in seiner Predigt im April vergangenen Jahres sagte – zur Öffnung des Herzens ein. Dabei dürfe die feierliche Prozession und die Freude die tiefe spirituelle Erfahrung nicht überdecken. „Jesus Christus wird uns am Palmsonntag als Leidender und Triumphierender begegnen“, verdeutlichte Kahle.
Mit Blick auf Karfreitag erklärte Kahle, dass wir alle durch unsere Sünden Mitschuldige an seinem Tod seien. Deshalb sei die Kreuzverehrung nicht nur ein Ritual, sondern eine Konfrontation mit der eigenen Schuld. „Was habe ich dir Böses getan?“ Einen starken Fokus legte er dabei auf den Hymnus Crux fidelis, dessen Worte von der „Süße des Holzes“ sprechen. In der heutigen Zeit erscheinen diese Worte fremd, besitzen aber eine tiefe theologische Wahrheit. Das Kreuz als Symbol des Leidens werde zum Baum des Lebens.
In seiner dritten Betrachtung lenkte er den Blick auf die „Nacht der Nächte“: die Ostervigil. Die Feier der Auferstehung betonte der Theologe sei für ihn kein bloßes Gedenken. Vielmehr sei es der Augenblick, dem Sohn Gottes, der jedem von uns persönlich begegnen werde, entgegenzugehen. Das Licht Christi, das durch den feierlichen Ritus der Osterkerze symbolisiert wird, vertreibe die Dunkelheit. In der Betrachtung zitierte Monsignore Kahle Papst Franziskus: „In das Geheimnis eintreten bedeutet die Fähigkeit des Staunens, der Kontemplation.“ Jeder und jede werde vom auferstandenen Christus beim Namen gerufen. Derjenige, der sich auf dieses Geheimnis einlässt, finde selbst inmitten von Leid die Hoffnung.
Exerzitien vom Circolo San Pietro organisiert
Der Circolo San Pietro, eine seit über 1550 Jahren im Geiste der Nächstenliebe dienende römische Brüdergemeinschaft, organisierte die Exerzitien. Der Dienst der Brüdergemeinschaft, die einst vom seligen Papst Pius IX. ihre Aufgabe anvertraut bekam, ist heute aktueller denn je. In Rom ist der Circolo San Pietro als Träger der „Suppe des Papstes“ bekannt. Mit dem Leitwort „Gebet, Tat, Opfer“ verbindet die Brüdergemeinschaft, worauf Monsignore Kahle verwies, liturgische Tiefe mit tätiger Liebe.
Kahle schenkte den Teilnehmern der Exerzitien durch seine drei Betrachtungen eine tiefere Sicht auf das österliche Geheimnis. Bei der Feier geht es, wie er sagte, nicht um Gedenken, sondern um die lebendige Beziehung zu Christus – dem Gekreuzigten, der uns liebt, und dem Auferstandenen, der uns begegnet. Besonders in einer hektischen Welt voller Konflikte sei Ostern die Einladung, neu auf das Licht zu schauen, das den Tod überwunden hat.