„Wir sind entsetzt über die Tötung von 15 Menschen, darunter neun Kinder und vier Frauen, die laut Berichten heute Morgen in Deir al-Balah im Gazastreifen auf Nahrungshilfen für Kinder warteten“, betonte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell am Donnerstag. Unter den Opfern ist ein einjähriges Kind, dessen Mutter schwer verletzt im Krankenhaus liegt. Zudem wurden bei dem Luftschlag in Gaza Berichten zufolge 30 weitere Personen verletzt, darunter 19 Kinder.
Hungersnot wächst – Fast 800 Tote in Gaza beim Versuch, Nahrungsmittel zu erhalten
Von dem Angriff in Deir al-Balah waren besonders Mütter und Kinder betroffen, die nach Monaten des Hungerns Lebensmittel erhalten wollten. Wie die UNICEF-Direktorin Catherine Russell berichtet, ist unter den Opfern Donia, eine Frau, deren einjähriger Junge getötet wurde. Wie sie weiter berichtet, liegt Donia schwer verletzt im Krankenhaus und klammert sich an den Kinderschuh des getöteten Jungen. „Kein Elternteil sollte jemals eine solche Tragödie erleben müssen“, so Russell.
Doch es sei „die traurige Realität, mit der viele Menschen im Gazastreifen heute konfrontiert sind“. Einige von ihnen seien nach Monaten, in denen nicht genug Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangt sind, ausgehungert. Die Konfliktparteien erfüllten ihre Verantwortung zum Schutz der Zivilbevölkerung nicht, prangert sie an.
Die humanitäre Lage spitzt sich weiter zu: Aufgrund unzureichender Hilfeleistungen steigt die Zahl mangelernährter Kinder kontinuierlich an. Hilfsorganisationen wie UNICEF warnen eindringlich vor einer drohenden Hungersnot. Solange die lebenswichtige Versorgung nicht vollständig wiederhergestellt wird, verschlechtert sich die Situation täglich – mit dramatischen Folgen für die Schwächsten. Aber die Hungersnot bringt eine weitere Gefahr mit sich. Denn nach Angaben der UNO sind im Zeitraum von Mai bis zum 7. Juli 798 Menschen beim Versuch, Lebensmittel zu erhalten, umgekommen. Der Grund dürfte in der Zentralisierung der Ausgabestellen liegen, die mit den anströmenden Massen überfordert sind.
Die Gaza Humanitarian Foundation betreibt derzeit nur wenige große Verteilzentren im Süden und im Zentrum des Gazastreifens. Tausende hungernde Menschen strömen täglich zu den Ausgabestellen – oft gleichzeitig. Die Folge sind chaotische Szenen, extreme Überfüllung und ein gefährliches Gedränge. Immer wieder kommt es dabei zu tödlichen Zwischenfällen, nicht zuletzt durch den Einsatz von Schusswaffen durch Sicherheitskräfte, die versuchen, die Situation unter Kontrolle zu bringen.
UNICEF ruft zu Waffenstillstand und Einhaltung des Völkerrechts auf
In ihrem Statement verweist Russell auf das internationale Völkerrecht, das eindeutig sei. Demnach seien alle Konfliktparteien verpflichtet, die Zivilbevölkerung zu schützen und die sichere und ungehinderte Bereitstellung humanitärer Hilfe zu gewährleisten, so die Exekutivdirektorin.
„Wir rufen Israel dazu auf, seine Einsatzregeln dringend zu überprüfen, um die uneingeschränkte Einhaltung des internationalen humanitären Völkerrechts zu gewährleisten, insbesondere den Schutz der Zivilbevölkerung, einschließlich der Kinder, und eine gründliche und unabhängige Untersuchung dieses Vorfalls und aller mutmaßlichen Verstöße durchzuführen.“ Auch fordert die Hilfsorganisation UNICEF einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand und ruft zur Freilassung aller Geiseln sowie zum Schutz der Zivilbevölkerung auf. Lebensmittel, sauberes Wasser und medizinische Hilfe müssen Kinder im Gazastreifen ohne Verzögerung und unter sicheren Bedingungen erreichen. „Das Sterben und Leiden der Kinder und der Zivilbevölkerung muss ein Ende haben“, fordert UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell eindringlich.
Russell sprach den Familien, die Angehörige verloren haben, sowie allen Betroffenen ihr tiefes Mitgefühl aus – darunter auch den Mitarbeitenden der UNICEF-Partnerorganisation Project Hope. Mit 1000 Mitarbeitern in 25 Ländern auf fünf Kontinenten setzt sich die Organisation für eine gewährleistete Gesundheitsversorgung ein. Hierbei arbeiten sie mit dem Personal sowie den Gesundheitssystemen zusammen, um Lösungen mit nachhaltiger Wirkung zu bieten, die sich weiterhin unter gefährlichsten Bedingungen für die Kinder in Gaza einsetzen. „Wir glauben, dass jeder Mensch Hoffnung verdient, dass Gesundheit ein grundlegendes Menschenrecht ist und dass wir gemeinsam den Zugang zu medizinischer Versorgung auf der ganzen Welt stärken können“, heißt es auf der Webseite von Project HOPE.