StartWirtschaft & Politik„Unchristlich“ – SPD-Fraktionschef Miersch weist Kritik von Bambergs Erzbischof scharf zurück

„Unchristlich“ – SPD-Fraktionschef Miersch weist Kritik von Bambergs Erzbischof scharf zurück

Die gescheiterte Wahl der Richterin am Bundesverfassungsgericht am Freitag sorgt noch immer für Diskussionen. Im Zentrum steht der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl, der die Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf wegen ihrer liberalen Einstellung kritisierte. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung wies der SPD-Fraktionschef Matthias Miersch die Kritik an der Kandidatin seiner Partei entschieden zurück.

Erzbischof Gössl: Haltung zur Abtreibung „innenpolitischen Skandal“

Die Juristin Brosius-Gersdorf steht aufgrund ihrer liberalen Position zur Abtreibung stark in der Kritik. Sie vertritt die Auffassung, dass es „gute Gründe“ gebe, den vollen Schutz der Menschenwürde erst mit der Geburt beginnen zu lassen. Vor diesem Hintergrund plädiert sie für ein gestuftes Schutzkonzept menschlichen Lebens – ein Modell, das der klaren Haltung der katholischen Kirche widerspricht. Diese spricht jedem menschlichen Leben von der Empfängnis an uneingeschränkten Schutz und Würde zu.

Am Sonntag äußerte sich der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl beim Fest zu Ehren des Bamberger Bistumsgründers Heinrich zu der umstrittenen Personalie. Unter anderem bezeichnete er die Haltung der Juristin zum Lebensrecht ungeborener Kinder als einen „innenpolitischen Skandal“. Er wolle sich nicht vorstellen, in welchen „Abgrund der Intoleranz und Menschenverachtung“ die Menschheit gleite, „wenn die Verantwortung vor Gott immer mehr aus dem Bewusstsein der Menschen“ verschwinde. Dann hätten die Schwächeren keine Stimme mehr, warnte der Erzbischof und blickte dabei neben Ungeborenen auch auf Pflegebedürftige, psychisch Kranke, sozial Schwache und Menschen auf der Flucht. Auch die Natur, „die gewissenlos ausgebeutet und zerstört wird“, habe dann keine Stimme mehr, so Gössl.

SPD-Fraktionschef Miersch: „Schmutzkampagne, wie wir sie selten erlebt haben“

Diese Vorwürfe des Bamberger Erzbischofs wies SPD-Fraktionschef Miersch entschieden zurück. Der Fraktionsvorsitzende zeigte sich verärgert über die Kritik und sprach von einer „unglaublichen Aussage gegenüber einer anerkannten Juristin“. Er sei empört darüber, wie sich prominente Bischöfe und Kardinäle in diese Sache eingeschaltet hätten, beklagte der Politiker. „Kirche kann durchaus politisch sein. Sich aber an dieser Hetze zu beteiligen, ist unchristlich.“

Gegenüber der Süddeutschen Zeitung sprach Miersch von „einer Schmutzkampagne, wie wir sie selten erlebt haben“. Die Haltung von Brosius-Gersdorf zum Schwangerschaftsabbruch stößt vor allem in der Unionsfraktion auf Widerspruch, da sie im Gegensatz zum christlichen Verständnis vom Schutz des ungeborenen Lebens steht. SPD-Fraktionsvize Miersch betonte jedoch, ihre Äußerungen seien in der öffentlichen Debatte teils stark verkürzt wiedergegeben worden. Auch die maßgeblichen Entscheidungsträger von CDU und CSU haben zunächst keinerlei Kritik geäußert, so Miersch. „Das fing erst an, als über das Netz aufs Übelste polarisiert wurde“, erklärte er.

Bundeskanzler Friedrich Merz gestand am Sonntagabend im ARD-Sommerinterview ein, die Bedenken innerhalb der Unionsfraktion gegenüber der Personalie Brosius-Gersdorf zunächst unterschätzt zu haben. „Wir hätten natürlich früher erkennen können, dass da großer Unmut entsteht“, so der Bundeskanzler. Unstimmigkeiten habe es jedoch auch in der SPD-Fraktion gegeben, führte er aus. Als Beispiel nannte er die frühere SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die Kirchen mobilisiert habe.

Die SPD hält weiterhin an Brosius-Gersdorf als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht fest. Noch während der Sommerpause soll sie der Unionsfraktion vorgestellt werden. In einem persönlichen Gespräch sollen die Abgeordneten Gelegenheit bekommen, ihr direkt Fragen zu stellen und ihre Bedenken zu äußern.

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