Bereits nach den ersten Hochrechnungen zur Bundestagswahl am Sonntagabend forderte Bischof Dr. Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), die „demokratischen Kräfte“ auf, „zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger“ zusammenzuarbeiten. Die CDU/CSU zieht als stärkste Partei in den Bundestag ein und ist nun gefordert, eine stabile Regierung zu bilden. Das Wahlergebnis brachte die AfD auf den zweiten Platz, gefolgt von SPD und Grünen. Anders als die Linke schaffte es der Koalitionspartner der Ampelregierung, die FDP, nicht in den Bundestag. Auch das BSW scheiterte an der 5-Prozent-Marke.
Wahlergebnis: „Mehrheit der Wählerinnen und Wähler will eine Stärkung der demokratischen Mitte“
Bischof Dr. Georg Bätzing sieht in der gestiegenen Wahlbeteiligung ein gutes Zeichen für Deutschland, „dass die Demokratie ernst genommen wird“, erklärte er. Tatsächlich lag die Wahlbeteiligung bei 82,5 Prozent und somit mehr als sechs Prozentpunkte höher als bei der Bundestagswahl 2021. Etwa 4,6 Millionen Stimmen (ca. 2,5 Millionen Wähler der BSW und ca. 2,1 Millionen Wähler der FDP) werden durch das Scheitern an der Fünf-Prozent-Grenze nicht berücksichtigt. Dennoch zeigt sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz überzeugt, dass die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler eine „Stärkung der demokratischen Mitte möchte“. Dies zeige sich am Wahlergebnis, so Bätzing, und er hofft, „dass wir jetzt zügig eine stabile Regierung bekommen, die die Probleme anpackt.“ Von den Parteien fordert der Bischof, zuzuhören, einander zu verstehen und „konstruktiv um gerechte Lösungen zu ringen“. Dazu müssten die Parteien kompromissbereit sein.
Mutmaßlich mit dem Blick auf die AfD erklärte Bätzing, dass „extremistische Kräfte“ und diejenigen, die trotz des völkerrechtswidrigen Angriffs auf die Ukraine mit Russland sympathisieren, „nicht den Ton angeben dürfen“. Weiter wünsche er sich vor dem Hintergrund der internationalen Situation, ein durch die neue Regierung gestärktes Europa. Da keine Partei mit der AfD koalieren möchte, sieht die Unionsfraktion unter Friedrich Merz nur eine Zusammenarbeit mit der SPD als Möglichkeit, im Bundestag eine absolute Mehrheit zu erreichen. Auch unter der CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel war die Union in 12 von 16 Jahren in einer Koalition mit der SPD.
Regierungsbildung aus „menschenfreundlichem Geist“ heraus
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, der in der Deutschen Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen verantwortlich ist, äußerte am Sonntag, dass ihn die Frage beschäftige, wie angesichts des Ergebnisses „in der politischen Mitte eine stabile Regierungsbildung“ möglich sei. Für die Zukunft hofft der Hamburger Bischof, dass es möglich sei, als Gesellschaft zusammenzubleiben und die Gräben, die sich in den letzten Wochen gezeigt haben, überwindet werden können. Weiter wünscht er sich eine Regierung, die die wichtigen Zukunftsthemen Wirtschaft, Umwelt und Leben „in Würde mutig“ angeht.
„Aus meiner christlichen Perspektive müssen soziale Gerechtigkeit und die Integration der Menschen, die zu uns kommen, einen festen Platz auf der politischen Agenda haben“, erklärt Heße. Auch der Erzbischof von Hamburg honoriert die hohe Wahlbeteiligung. Diese zeige, dass das Interesse am politischen Geschehen gewachsen sei. Nun sei zu hoffen, „dass ab sofort alle demokratisch gesinnten Politikerinnen und Politiker wieder aufeinander zugehen, um sich gemeinsam und fair für eine stabile und leistungsstarke Demokratie einzusetzen.“
Wahlergebnis zeigt „deutlichen Rechtsruck“
Ähnlich sieht es der Paderborner Erzbischof Udo Bentz. So solle die Regierungsbildung zügig und aus einem „freiheitlichen und menschenfreundlichen Geist heraus stattfinden“. Es zähle jetzt, „stabile demokratische Gestaltungsräume auszuloten, damit die Hoffnung auf Zukunft bei uns wieder stark wird.“ Für alle bleibe es, unabhängig von der politischen Überzeugung, der Auftrag, „Brücken zu bauen“ und „respektvoll zuhörend“ im Dialog die Zukunft zu gestalten, so Bentz. Im Gegensatz zu Bischof Bätzing nannte Bentz die AfD. In der „besorgniserregenden Zunahme der Stimmenanteile“ der AfD erkennt er ein „ernstzunehmendes Warnsignal“ für die Demokratie. Erbischof Bentz warnt davor, dies nicht nur als „eine statistische Entwicklung“ zu betrachten. Es erfordere entschlossenes Handeln von Politik und Zivilgesellschaft, um extremistische Positionen zu begrenzen und die Demokratie zu verteidigen.
Mit gemischten Gefühlen betrachtet der Würzburger Bischof Franz Jung das Wahlergebnis. Auch wenn es keine große Überraschung darstellt, da die Ampelregierung die Menschen nicht überzeugen konnte, zeige es den deutlichen Rechtsruck. Auch das sei zu erwarten gewesen, so Bischof Jung. „Die Menschen erhoffen sich verständlicherweise rasche Lösungen für die großen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Probleme unseres Landes.“ Es benötige jetzt eine stabile Regierung, „die sich als handlungsfähig erweist und zeigt, dass sie gewillt ist, die vor ihr liegenden Herausforderungen anzupacken.“ „Als Kirche erhoffen wir uns eine Politik, die die Menschenwürde, die Nächstenliebe und den Zusammenhalt in unserem Land stärkt, gerade vor dem Hintergrund einer sich dramatisch verändernden Weltlage und eines Europas, das um den Zusammenhalt ringt“, erklärt Jung.