Der Tod des geliebten Kindes ist wohl das Schmerzlichste, was Eltern erleben können. Dies gilt auch für werdende Eltern, die ihr Kind noch während der Schwangerschaft verlieren. Das ist absolut keine Seltenheit, denn bereits jede dritte Frau erfährt noch in den ersten zwölf Wochen dieses Leid. Zudem kommt es auch nach dem ersten Trimester vor, dass das Baby noch im Leib der Mutter verstirbt. In der Folge sind viele Frauen nach einem solchen Verlust traumatisiert und benötigen Zeit, diese Trauer zu verarbeiten. Doch diese Zeit wird ihnen vom Gesetz bisher nicht gewährt. Denn Frauen, die noch vor der 24. Schwangerschaftswoche ihr Kind verlieren, steht bisher kein Mutterschutz zu. Auch einen Rechtsanspruch auf Mutterschutzgeld sucht man vergeblich. Diesem Problem stellen sich katholische Verbände wie Caritas oder der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) entgegen.
Petition für gestaffelten Mutterschutz
Zusätzlich zu dem Trauma des Verlustes kommt für viele Frauen die Bitte des Arztes um eine Krankschreibung. Ob sie diese dann wirklich bekommt, liegt im Ermessen des behandelnden Arztes. Diese Bitte und Ungewissheit ist eine weitere Belastung. Deshalb wird in der Petition, die 52.000 Unterschriften erhielt, ein gestaffelter Mutterschutz noch vor der 24. Schwangerschaftswoche gefordert. Wie die Staffelung exakt aussieht, soll in einer speziellen Expertenkommission erörtert werden, heißt es in der Petition. Der Mutterschutz soll ein Schutzangebot des Staates sein, das die Frauen nicht dazu verpflichtet, dieses anzunehmen.
Ein entsprechender Gesetzesentwurf liegt bereits der Familienministerin Lisa Paus (Grüne) vor, nachdem die Petition bereits im Jahr 2022 von einem Ausschuss von Privatpersonen initiiert wurde. Die Familienministerin befürwortet den „gestaffelten Mutterschutz“. „Eine Fehlgeburt zu haben, ist nicht nur für die Psyche eine große Belastung“, erklärte die Ministerin, denn die Frau benötige auch eine gewisse Zeit der körperlichen Regeneration. Deshalb sei es wichtig, dass diese Frauen besser geschützt werden“, sagt sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die bisherige Gesetzeslage sieht bei Frauen, die nach der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, eine Mutterschutzzeit von 18 Monaten vor. Nun soll diese Regelung für Frauen, die ihr Kind in einem früheren Stadium verlieren, gestaffelt ausgeweitet werden.
Gesetzbeschluss noch vor den Neuwahlen?
Nach dem Scheitern der Ampel-Koalition werben die Befürworter um Zustimmung aus der Opposition. Denn ein solches Gesetz hatte sich die bisherige Regierung aus SPD, FDP und Grünen im Koalitionsvertrag vorgemerkt. Nach dem Bruch der Koalition hofft Paus auf die Unterstützung aus dem Bundestag. Eine politische Initiative aus der Mitte des Parlaments würde sie begrüßen und unterstützen, erklärt sie. Zustimmung bekommt sie von NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU). Auf Instagram warb der Politiker für den gestaffelten Mutterschutz für Frauen nach einer frühen Fehlgeburt. Denn durch diesen bekämen Frauen die Unterstützung und die Zeit, die sie benötigen, so Laumann. Dennoch ist es eher unwahrscheinlich, dass der Gesetzesentwurf noch vor den Neuwahlen beschlossen wird. Hierzu fehlt im Bundestag die Regierungsmehrheit.
Mutterschutz ab der 15. Woche angemessen
Zustimmung für ein solches Vorhaben kommt von vielen sozialen Organisationen. So auch vom „Bundesverband Kindstod in Schwangerschaft und nach Geburt“ (BVKSG). Ihnen sei der mögliche Ausfall vieler weiblicher Arbeitskräfte bewusst, wenn diesen schon im frühen Stadium Mutterschutz gewährt wird. Deshalb bevorzuge man die gestaffelte Variante, erklärt Stefanie Gerbers vom BVKSG. Auch der Präsident des Familienbunds der Katholiken, Ulrich Hofmann, befürwortet eine solche Regelung. Eine Regelung ab der 15. Woche hält er für angemessen, jedoch müsste die genaue Ausgestaltung eines solchen Entwurfs politisch diskutiert und beraten werden.