Wie das katholische Hilfswerk Kirche in Not am Freitag berichtete, kam es bereits am 8. Juni zu einem Überfall in der Krisenprovinz Cabo Delgado im Norden Mosambiks. Unbekannte Täter drangen in ein von Ordensfrauen geführtes katholisches Mädchenheim ein, bedrohten die Schwestern und raubten sie aus. In dem Heim lebten zu diesem Zeitpunkt 30 junge Frauen. Obwohl die Region seit vielen Jahren Schauplatz dschihadistischer Gewalt und Überfälle ist, gehen die lokalen Partner des Hilfswerks nicht von einem terroristischen Hintergrund aus. In den vergangenen Jahren wurden durch die Konflikte über 5.000 Menschen getötet, mehr als 500.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Neben dem von extremistischen Gruppen angestrebten politischen Einfluss ist das Gebiet auch wegen seiner Erdölvorkommen von wirtschaftlichem Interesse.
Konflikte, Korruption und Unsicherheit
Die Region im Norden Mosambiks ist seit Jahren von dschihadistischer Gewalt geprägt. Lokale Beobachter vermuten jedoch, dass der jüngste Übergriff nicht direkt auf das Konto terroristischer Gruppen geht. Vielmehr sei er eine Folge des tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zerfalls, den der anhaltende Konflikt verursacht hat – einem Konflikt, dem der Staat bislang weitgehend machtlos gegenübersteht. Infolgedessen haben kriminelle Banden an Einfluss gewonnen – eine Entwicklung, die sich auch in anderen afrikanischen Staaten beobachten lässt.
Schwester Ofélia Robledo Alvarado berichtete nach dem Überfall, dass das Kloster und Mädchenheim bereits seit 17 Jahren bestehe und zuvor nie Ziel eines Angriffs gewesen sei. Doch die Sicherheitslage habe sich drastisch verschlechtert: „Die Terrorwelle hat alles verändert. Wir leben in ständiger Unsicherheit“, so Schwester Ofélia. Sie beklagte außerdem, dass sowohl Militär als auch Polizei teilweise in kriminelle Machenschaften verstrickt seien. Umso mehr seien sie als Gemeinschaft gezwungen, selbst Maßnahmen zu ergreifen, um die Mädchen zu schützen. Nur wenige Wochen zuvor war es zu einem ähnlichen Überfall auf eine Einrichtung der Salettiner-Patres im Bistum Pemba gekommen.
Überfall auf katholisches Mädchenheim: Schwestern mit Enthauptung bedroht
In einer Nachricht an Kirche in Not schilderte Schwester Ofélia den Ablauf und die Brutalität des Überfalls. Demnach drang eine Gruppe von 18 Männern – bewaffnet mit Macheten, Eisenstangen und Feuerwaffen – in die Einrichtung ein. Acht Männer verschafften sich Zutritt zum Haus, während die übrigen draußen blieben, um die Tore zu bewachen. „Wir hatten große Angst, als sie in unsere Zimmer kamen, Geld verlangten und alles mitnahmen, was sie finden konnten“, berichtet die Schwester. Die Täter erbeuteten Computer, Handys „und das wenige Geld, das wir hatten“.
Doch das Schlimmste folgte erst danach, so die Ordensfrau weiter: „Sie drängten uns in die Kapelle und ließen uns niederknien. Wir dachten, sie wollten Feuer legen. Stattdessen zwangen sie eine Schwester nach vorn, hielten eine Machete über ihren Kopf und drohten, sie zu enthaupten.“ Erst nachdem die Oberin die Täter um Gnade angefleht hatte, ließen sie von ihrem Vorhaben ab. Direkt nach dem Überfall kümmerten sich die Schwestern um die Mädchen: „Gott sei Dank fanden wir sie alle unversehrt vor.“
Im anhaltenden Konflikt im Norden Mosambiks sind nach Angaben der Vereinten Nationen in den vergangenen acht Jahren mehr als 5.000 Menschen ums Leben gekommen, über eine Million wurden zur Flucht gezwungen. Bewaffnete Gruppen mit Verbindungen zum sogenannten Islamischen Staat versuchen, die Kontrolle über die Region zu gewinnen – aus politischen wie wirtschaftlichen Gründen. Besonders im Fokus steht die ölreiche Nordküste Mosambiks. Die ohnehin angespannte Lage wird zusätzlich durch extreme Armut und fehlende Perspektiven verschärft – mit einem deutlichen Anstieg an Kriminalität.