StartGlaubenSpirituelle Begleitung im Gesundheitswesen: Eine unverzichtbare Unterstützung

Spirituelle Begleitung im Gesundheitswesen: Eine unverzichtbare Unterstützung

Die Betreuung von schwerkranken und sterbenden Menschen erfordert mehr als nur medizinische Versorgung; sie benötigt auch eine angemessene spirituelle Begleitung. Diese ist besonders in der Lebensphase wichtig, in der die Patienten oft existenzielle Fragen und Ängste haben, die weit über körperliche Symptome hinausgehen. Allerdings fehlt es im klinischen Alltag häufig an der nötigen Zeit, dem Wissen und dem Mut, um auf diese Bedürfnisse einzugehen. Experten fordern daher eine gezielte Ausbildung des Gesundheitspersonals und eine stärkere Einbindung von Seelsorgern im medizinischen Kontext. Durch den Einsatz von Seelsorgern ist es möglich, den spirituellen Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden und ihre ganzheitliche Versorgung zu fördern.

Spirituelle Begleitung benötigt Ausbildung und Ressourcen

Schwerkranke oder sterbende Menschen benötigen nach dem österreichischen IMABE-Institut (Institut für Medizinische Anthropologie und Bioethik) nicht nur medizinische Behandlungen. Vielmehr wünschen sich die Patienten eine spirituelle Begleitung. Doch genau hier fehlt es in den medizinischen Einrichtungen oft an der Zeit oder dem Mut, um die Patienten auf ihre spirituellen Nöte anzusprechen. Der fehlende Mut entsteht auch durch das fehlende Wissen. So schätzen die Mitarbeiter ihre Kompetenzen in diesem Bereich nur als mäßig ein, wie aus einer Studie hervorgeht. Experten fordern deshalb eine gezielte Ausbildung des Gesundheitspersonals und eine stärkere Einbindung von Seelsorgern im klinischen Betrieb.

Auf die spirituellen Wünsche der Patienten einzugehen, hilft dabei, Krisen besser zu bewältigen. Hierfür benötigt es entsprechende Ressourcen, so das interdisziplinäre Forscherteam des Universitätsklinikums Düsseldorf. In einer Studie, die in der Fachzeitschrift „Medizinische Klinik – Intensivmedizin und Notfallmedizin“ veröffentlicht wurde, untersuchten Wissenschaftler die spirituellen Kompetenzen des medizinischen Fachpersonals.

Breites Studienteilnehmerfeld offenbart Schwächen

Mithilfe des „Spiritual Care Competence Questionnaires“ (SCCQ) untersuchten die Wissenschaftler die Kompetenzen der Studienteilnehmer. Insgesamt beteiligten sich 465 Ärzte daran, davon etwa 50 Prozent Frauen, mit einer durchschnittlichen Berufserfahrung von vier Jahren. Auch 86 Pflegefachkräfte nahmen an der Studie teil, hier lag der Anteil der Frauen bei 80 Prozent und die durchschnittliche Berufserfahrung bei 12,7 Jahren. Das Ergebnis offenbarte die Einschätzung des Notfall- und Intensivpersonals: Die Mitarbeiter gaben die eigenen spirituellen Kompetenzen als eher niedrig an. Einen großen Einfluss hatte dabei die persönliche Spiritualität und Gläubigkeit. Hinzu kam der Zeitmangel, die Konzentration auf medizinische Befunde und das „Unwohlsein“, also die Angst des Gesundheitspersonals, auf die Menschen zuzugehen.

Doch Studien belegen, dass das Eingehen auf die spirituellen Wünsche der Patienten und Angehörigen einen positiven Effekt hat. Aus diesem Grund sei „Spiritual Care“ „nicht bloß Sache der Krankenhausseelsorge.“ Auch das Gesundheitspersonal müsse sich diesen Aufgaben widmen, schreiben die Wissenschaftler. Aufgrund der steigenden Zahl der Kirchenaustritte und der damit verbundenen sinkenden konfessionellen Bindung benötigt die Medizin in diesem Bereich bessere Schulungen. In diesem Zusammenhang entwickelten Diakonie und Caritas bereits vor vier Jahren ein interprofessionelles Fortbildungscurriculum. Die Schulung mit dem Namen „Spiritual/Existential Care interprofessionell“ bereitete Pflegekräfte auf die spirituelle Begleitung der Patienten vor – mit Erfolg. Etwa 85 Prozent der Teilnehmer bestätigten, nach der Schulung häufiger auf die spirituellen Wünsche der Patienten einzugehen. Doch ein Faktor bleibt bestehen – die Zeit. Viele von ihnen wünschten sich mehr davon, um die spirituellen Gespräche mit den Patienten vertiefen zu können.

Spirituelle Begleitung verlängert die Lebenszeit

Der US-amerikanische Forscher und Professor für Psychiatrie an der Columbia University, Robert Klitzman, untersucht die Rolle von Seelsorgern im Gesundheitssystem. Seine Ergebnisse präsentierte er 2024 unter dem Titel „Doctor, will you pray for me? Medicine, chaplains, und healing the whole person“. Auch der Bioethiker wünscht sich von Krankenhäusern und Pflegeheimen eine verstärkte Investition in die spirituelle Begleitung. Viele Menschen fürchten den Tod und verspüren in schwierigen Momenten oft den Drang, über spirituelle Fragen oder ihr eigenes Leben nachzudenken. Angesichts neuer Technologien, dem Rückgang religiöser Praktiken, sich verändernder Glaubenssysteme, schwächelnder Gesundheitssysteme, einer alternden Bevölkerung und dem Burnout des Gesundheitspersonals nach Covid sind Seelsorger heute wichtiger denn je. Doch leider erfahren sie oft nicht die Anerkennung, die sie verdienen, bedauert Klitzman.

In der Praxis sind es oftmals nur die Seelsorger, die Zeit für ausführliche Gespräche mit Patienten und Angehörigen finden. Durch die aufgewendete Zeit erlangen sie das Vertrauen der Gesprächspartner und gewinnen einen tiefen Einblick in das seelische und körperliche Leiden. Sie dienen als Vermittler zwischen Ärzten, Patienten und Angehörigen, so Klitzman. Sie sind zudem eine große Unterstützung, wie aus einer Studie hervorgeht. Das Ergebnis der Studie des „Journals of Religion and Health“ aus dem Jahr 2017 zeigt, dass die Gespräche mit Seelsorgern sehr wertvoll sind, auch wenn Patienten diese nicht ausdrücklich gewünscht hätten. Eine Studie aus dem Jahr 2009, veröffentlicht im „Journal of Clinical Oncology“, verdeutlicht, dass unheilbar an Krebs erkrankte Patienten, die die Unterstützung eines Seelsorgers in Anspruch nahmen, eine um 28 Prozent bessere Lebensqualität erlebten als jene, die keine solche Unterstützung erhielten.

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