Die Sicherheitslage in Haiti verschlechtert sich zunehmend. Bandengewalt, politische Instabilität und die steigende Zahl gewalttätiger Sexualdelikte erschüttern das Land. Auch die medizinische Versorgung wird durch extreme Gewalt und koordinierte Angriffe bewaffneter Gruppen vor fast unüberwindbare Herausforderungen gestellt. Der Weltkirchenrat fordert mehr Aufmerksamkeit für Haiti und Unterstützung durch die Weltgemeinschaft.
Medizinische Versorgung vor dem Kollaps
Seit Jahren leidet die Bevölkerung unter politischer Instabilität und einer sich verschärfenden humanitären Lage. Seit Februar nimmt die organisierte Gewalt erneut zu. Bewaffnete Gruppen schließen sich zu Koalitionen zusammen und übernehmen zunehmend die Kontrolle in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Stadtteile, die bisher nicht unter der Kontrolle der Kämpfer standen, geraten zunehmend unter Druck.
Aufgrund der extremen Gewaltzunahme steigt auch die Zahl der Verletzten, die medizinische Betreuung benötigen. Immer öfter stoßen die Krankenhäuser an ihre Grenzen – so auch die Klinik in Tabarre, die von „Ärzte ohne Grenzen“ betrieben wird. Durch die Überlastung der Kapazitäten ist die medizinische, insbesondere die chirurgische Versorgung, nur noch eingeschränkt möglich. Wie Seybou Diarra, der Koordinator eines der letzten funktionierenden Krankenhäuser in Port-au-Prince, mitteilte, wird der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen für die Bevölkerung immer schwieriger. Für Menschen, die verletzt sind und eine Traumaversorgung benötigen, sei es inzwischen fast unmöglich geworden, eine angemessene medizinische Behandlung zu erhalten, warnt Diarra. Wenn sich die Lage nicht bald ändere, befürchtet er, dass viele Verwundete sterben könnten, weil eine Behandlung nicht möglich ist.
Aufmerksamkeit für Haiti gefordert
Angesichts der drastisch verschlechterten Lage ruft der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) zu mehr internationalem Engagement und Aufmerksamkeit für Haiti auf, wie die italienische Zeitung Sir berichtet. Der ÖRK beklagt, dass Gewalt und Todesfälle durch Banden und Sicherheitsgruppen weiter zugenommen haben. Zudem wird über eine steigende Zahl von Cholera-Fällen sowie über zunehmende sexuelle Gewalt berichtet. Erschwerend kommt hinzu, dass immer mehr Haitianer aus der Dominikanischen Republik abgeschoben werden. Seit April sind laut der Meldung etwa 20.000 Haitianer abgeschoben worden.
Im Rahmen einer Kampagne habe die Dominikanische Republik Dutzende Minderjährige, Schwangere und Mütter abgeschoben, die kürzlich entbunden hatten. Für Haiti, das ohnehin durch zahlreiche Krisen erschüttert ist, stellt das eine zusätzliche Belastung dar. Der Exekutivrat des Weltkirchenrates fordert, dass die Weltgemeinschaft die Ursachen der anhaltenden Krisen in Haiti stärker beachtet. Zudem müsse die Dominikanische Republik Gesetze verabschieden, die die Bevölkerung Haitis und Menschen haitianischer Abstammung schützen und wertschätzen.
„Wir laden alle Mitgliedskirchen des ÖRK ein, ihre christliche Solidarität mit dem Volk von Haiti zu bekräftigen und zu Gott um Erbarmen und Linderung der Klagen dieses gequälten Landes zu beten“, ruft der Weltkirchenrat abschließend zur Unterstützung auf.