Die Beichte ist für Katholiken eines der sieben Sakramente, doch bedauerlicherweise bleiben immer häufiger die Beichtstühle der Kirchen in Deutschland leer. Es gehen nur noch sehr wenige Menschen regelmäßig zur Beichte. Obwohl im vierten Laterankonzil von 1215 festgelegt wurde, dass gläubige Christen mindestens einmal jährlich eine Beichte ablegen sollten, ist die Tendenz rückläufig – und das hat vielfältige Gründe.
Das heilige Sakrament der Buße
Die Beichte gehört zu den sieben Sakramenten, die von Jesus Christus eingesetzt wurden. Jedem getauften Christen kann von einem Priester das Bußsakrament gespendet werden.
Menschschein kann allein nicht gelingen. Jeder von uns braucht Gemeinschaft und Beziehungen zu anderen Menschen, jedoch auch zu unserem Schöpfer. Auf seinem persönlichen Lebensweg erfährt jeder von uns, dass er nicht nur gute Taten vollbringt, sondern auch Verfehlungen begeht. Vor Fehlern und Unbarmherzigkeiten sind auch getaufte Christinnen und Christen nicht geschützt, ganz egal wie hoch sie ihre eigenen Ansprüche gesteckt haben. In der Beichte können wir nicht nur große Verfehlungen ansprechen, sondern auch kleine Dinge – im Umgang mit anderen Mitmenschen, aber auch mit uns selbst.
Durch die Begehung einer sündhaften Tat entscheiden wir uns als Menschen nämlich gegen Gott und stellen uns somit auch gegen seinen Heilsplan. Durch die Beichte können wir mit Gott und der Kirche wieder versöhnt werden: Die Sünden werden uns vergeben und wir können uns aus unserem Gefängnis der Schuld befreien. Auch sogenannte „ewige Sündenstrafen“ und „zeitliche Sündenstrafen“ können durch die Beichte erlassen werden. Das heilige Bußsakrament ist somit ein Geschenk, mit dem wir unserem Leben eine neue und bessere Ausrichtung geben können.
Grundlegend wichtig ist jedoch, dass wir erkennen, dass wir etwas falsch gemacht haben. Wir müssen zu unseren Verfehlungen stehen – nicht nur vor uns selbst, sondern auch vor einem Priester. In der Beichte ist der Priester das Ohr Gottes und nimmt stellvertretend unser Sündenbekenntnis entgegen. Der Priester übernimmt dabei weder eine Analysefunktion noch eine Coaching- oder Beratungsfunktion. Er will uns im Namen Gottes vergeben, denn unser Vater im Himmel vergibt jedem, der aufrichtig bereut.
Sakrament der Versöhnung: Eins werden mit sich, der Welt & Gott
Die Beichte ist auch unter der Bezeichnung „Sakrament der Versöhnung“ bekannt. Dieser Name verdeutlicht das tiefe Bedürfnis des Menschen, mit sich selbst, der Umwelt sowie dem Schöpfer eins zu sein. Jeder Mensch trägt diese Sehnsucht in sich, doch jeder Mensch macht auch täglich wieder neu die Erfahrung, dass wir innerlich gespalten, uneins sind und nicht authentisch leben. Wir sind auf dem Weg zu uns selbst und zu Gott, doch wir sind noch lange nicht am Ziel angekommen. Immer wieder geraten wir auf Abwege sowie in Sackgassen. Möglichkeiten, die sich uns im Leben als Chancen bieten, verbauen wir oftmals durch eigenes schuldhaftes Verhalten.
Die Beichte möchte uns als Sakrament der Versöhnung aus diesem innerlich belastenden Zustand befreien. Es ist somit ein Sakrament der Ermutigung. Die Beichte hilft uns, mehr bei uns selbst anzukommen, liebevoller mit dem eigenen Ich, aber auch mit dem Nächsten umzugehen. Die Beichte vermittelt uns eine Ahnung vom Frieden Gottes, der jegliches menschliche Begreifen übersteigt.
Sünde – Entfremdung von uns und Gott
Die Sünde hängt immer zusammen mit einer Verdrängung, einer Blindheit gegenüber dem Wirklichen. Wir reden uns häufig selbst etwas ein oder machen uns etwas vor. Genau davon möchte uns das Bußsakrament befreien, denn die Wahrheit macht uns frei. Eines der griechischen und der hebräischen Ausdrücke des Neuen Testaments für Sünde bedeuten übersetzt so viel wie „Zielverfehlung“. Der Sünder verfehlt also das Ziel, zu dem er eigentlich bestimmt ist, der Mensch verfehlt das, was ihn eigentlich glücklich machen würde.
Das regelmäßig in der Beichte gepflegte Gespräch soll für uns heilsam sein und uns von all der Last der Sünde befreien. In diesem Sinn liegt die Beichte ganz im Sinn der Heilsgeschichten Jesu. Jesus Christus übertrug seinen Aposteln die Sündenvergebungsgewalt und er ist es auch selbst, der bei der heiligen Beichte durch den geweihten Priester auf den reuigen Sünder wirkt. Damit ein Sünder jedoch die Beichte empfangen kann, ist eine gewisse Vorbereitung erforderlich. So braucht es zum einen das Bereuen der Sünden, das Aussprechen der Schuld, das Bekenntnis zu den eigenen Verfehlungen und der Wille, das schuldhafte Verhalten in Zukunft zu ändern. Darüber hinaus ist es wichtig, den entstandenen Schaden wiedergutmachen zu wollen.
Durch die Lossprechungsformel, „Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden. Durch den Dienst der Kirche schenke er dir Verzeihung und Frieden. So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen“, wird der Beichtende von der Sünde freigesprochen. Dabei untersteht der Beichtvater der absoluten Geheimhaltungspflicht.
Tiefe Krise der Beichte in Deutschland
Gerade aus Sicht der Priester sollte das Sakrament der Beichte einen hohen Stellenwert haben, denn dieses Sakrament besitzt neben dem Sakrament der Eucharistie ein Alleinstellungsmerkmal der Priester.
Ein möglicher Grund für die Krise in deutschen Beichtstühlen kann ein verändertes „Sündenbewusstsein“ der Menschen sein. Viele Sünden werden nämlich gar nicht mehr wirklich als Verfehlungen angesehen. Zudem scheint sich ein Trend abzuzeichnen, dass auch „ganz gut ohne Beichte“ geht. In einigen Pfarrgemeinden werden die Beichtstühle sogar als Abstellraum genutzt. Menschen vertreten immer mehr die Auffassung: „Das mache ich mit meinem Gott allein aus.“
Für den Münchner Pastoraltheologen Andreas Wollbold ist die Verantwortung für den Beichtrückgang aber auch bei den Priestern zu suchen. Seiner Meinung nach spielt das Sakrament der Buße für die Identität der meisten Priester nur eine Randrolle. „Wahrscheinlich müssen die Geistlichen dafür erst einmal selbst die Kraft des Sakramentes wieder entdecken“, erklärt der Pastoraltheologe in einer aktuellen Ausgabe der „Tagespost“. Grundsätzlich stellt Wollbold eine tiefe Beichtkrise in Deutschland fest. Im Interview wählte er deutliche Worte, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Dort sagte er: „Von Ausnahmen abgesehen, ist die Beichte in Deutschland schlicht tot“.
Pastoraltheologe Wollbold: „Es müssen dicke Bretter gebohrt werden“
Die kirchlichen Verantwortlichen müssen „dicke Bretter bohren“, um die Gläubigen zu erreichen und sie wieder für das Sakrament gewinnen zu können, so der Pastoraltheologe. Dieses Ziel kann aber nur mit gezielten Maßnahmen und viel Ausdauer erreicht werden. Für ihn ist der erste Schritt, sich selbst zu nüchtern und ehrlich zu befragen: „Was ist die Beichte wirklich? Was bringt das Bußsakrament? Wobei hilft sie – und zwar echt und nicht bloß eingebildet?“
Die Praxis der regelmäßigen Beichte hat für Andreas Wollbold in der heutigen Zeit mehr Sinn denn je zuvor und doch ist die Beichtpraxis fast ausschließlich bei den Leuten willkommen, die ein geistlich ernsthaftes Leben führen, denn für sie ist die Beichte ein „unverzichtbares Element geistlichen Wachstums“ geworden. Er selbst zweifelt daran, ob jeder Priester die nötige Kompetenz besitzt, um die Gläubigen für dieses heilige Sakrament zu gewinnen. Bei vielen Geistlichen findet sich heute „einen Verschnitt von Populärpsychologie, Lieblingsspiritualität und frommer Vertröstung.“
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