StartWeltSelenskyj attackiert Papst Franziskus

Selenskyj attackiert Papst Franziskus

Seit Kriegsbeginn wurden schon rund zwei Dutzend Geistliche aufgrund von Spionage für den russischen Geheimdienst oder wegen Rechtfertigung des russischen Angriffskrieges festgenommen. Diese Zwischenfälle in der Ukrainisch-Orthodoxen-Kirche (UOK) nahm Präsident Wolodymyr Selenskyj zum Anlass, ein Gesetz zum Verbot der „russlandnahen Kirchen“ zu verabschieden. Der Pressedienst des ukrainischen Parlaments verbreitete eine Erklärung zu dem Gesetzesentwurf mit dem Titel: „Jede ukrainische religiöse Organisation, die mit der russisch-orthodoxen Kirche verbunden ist, kann nur von einem Gericht verboten werden“.

Erste Verbote wohl erst im August 2025

Die Gerichte können nach den Aussagen der Vizevorsitzenden des Parlamentsausschusses, Jewhenija Krawtschuk, erst neun Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes tätig werden und Verfahren gegen religiöse Organisationen einleiten, sofern diese eine nachgewiesene Verbindung zum „Aggressorland“ und zur russisch-orthodoxen Kirche haben. „Die Verbindung selbst muss auf der Grundlage einer Untersuchung nachgewiesen werden, die der staatliche Dienst für ethnische Politik und Gewissensfreiheit zusammen mit Religionswissenschaftlern und einer Sonderkommission durchführen wird“, erklärt Krawtschuk.

Das Gesetz könnte schon in einem Monat dazu führen, dass die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche (UOK) seinen Hauptsitz, das Kiewer Höhlenkloster verliert sowie die beiden Klöster (Lawras) im Osten sowie im Westen des Landes. Die staatlichen sowie die kommunalen Mietverträge für die Klöster und die Kirchengebäude werden durch dieses Gesetz für ungültig erklärt – zumindest für die Fälle, in denen eine Verbindung der jeweiligen Kirche zu Russland besteht. Das könnte auch rund 3000 weitere ukrainisch-orthodoxe Pfarreien, die bisher alte Kirchen nutzen, die sie nur mieten, mit aller Härte treffen.

Vom Metropoliten Onufrij, dem Oberhaupt der UOK, kam zunächst keine Stellungnahme zur parlamentarischen Gesetzesentscheidung. Er zelebrierte noch eine liturgische Messe im Höhlenkloster. Die UOK veröffentlichte zudem eine Stellungnahme und betonte darin mit einem Verweis auf frühere Sowjetzeiten, dass die Kirche bereits aus der Vergangenheit Erfahrungen habe, unter Bedingungen eines gesetzlichen Verbots fortzubestehen. „Auch damals konnte man die Kirche nicht zerstören“, so heißt es von der UOK und auch heute werde dieses Vorhaben nicht gelingen. Der Metropolit fügte noch hinzu: „Diejenigen, die Jesus Christus nicht verstanden haben, kreuzigten ihn allein aus politischen Gründen.“

Papst Franziskus übt scharfe Kritik zu Kirchenverbote in der Ukraine

Nachdem Präsident Selenskyj das Gesetz mit seiner Unterschrift auf den Weg gebracht hatte, bekam er dafür weltweite Kritik ein. Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. forderte die Oberhäupter der orthodoxen Kirchen dazu auf, gegen das verabschiedete Gesetz und den Kirchenverboten zu protestieren. Der Patriarch gilt als enger Verbündeter und Vertrauter von Kreml-Chef Wladimir Putin. Im Zuge der Proteste richtete sich der Patriarch mit Briefen an Papst Franziskus und andere Oberhäupter der verschiedensten Konfessionen. Unterstützung fand Patriarch in Katholikos Karekin II., dem Oberhaupt der armenisch-apostolischen Kirche und im griechisch-orthodoxen Patriarchen von Antiochien, Johannes X. Yazigi.

Auch das katholische Oberhaupt, Papst Franziskus, sparte nicht mit Kritik an dem Kirchenverbot in der Ukraine. Beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz gab der Papst seine Bedenken bezüglich der Religionsfreiheit preis. Beten sei kein Verbrechen, meinte er und ergänzte: Man solle jeden Menschen beten lassen, egal welche Kirche er als seine ansieht. „Bitte, keine christliche Kirche sollte direkt oder indirekt verboten werden“, appellierte das katholische Oberhaupt an die Regierung. Der Papst erntete für seine Worte starke Zustimmung der Menschen, die sich auf dem Petersplatz versammelt hatten. Unter großem Applaus rief er den Leuten zu, dass jede Kirche unantastbar sei.

Ökumenischer Rat der Kirchen übt ebenfalls Kritik am Kirchenverbotsgesetz

Kritik kam nicht nur von Papst Franziskus, sondern auch vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK). Man sei „zutiefst beunruhigt über die Möglichkeit einer ungerechtfertigten kollektiven Bestrafung einer ganzen Religionsgemeinschaft und einer Verletzung der Grundsätze der Religions- und Glaubensfreiheit im Rahmen eines neuen Gesetzes“ hieß es in einem unterzeichnen Schreiben von Generalsekretär Jerry Pillay und dem Vorsitzenden des Zentralausschusses, Heinrich Bedford-Strohm.

Der Weltkirchenrat warnte die ukrainische Regierung davor, das Grundrecht der Religions- und Glaubensfreiheit sowie den sozialen Zusammenhalt nicht zu untergraben, sondern in der Zeit des nationalen Notstands „Vorsicht walten zu lassen“. Dennoch betont der Kirchenrat, dass die Regierung der Ukraine das Recht und die Verantwortung habe „die territoriale Integrität des Landes zu verteidigen und seine Bürger zu schützen. Dies ist vor allem in Anbetracht der von Russland ausgehenden Aggressivität zu berücksichtigen.

Manipuliert Moskau religiöse Einrichtungen Europas?

Nach der Kritik des Papstes erreicht die Debatte um das Kirchenverbot in der Ukraine einen neuen Höhepunkt. Der ukrainische Präsident sieht den Papst durch russische Propaganda beeinflusst, was den Papst nach der Meinung von Selenskyj letztlich zur Kritik an dem Gesetz geführt habe. Auf einer Pressekonferenz sagte der ukrainische Staatschef, Moskau würde diverse religiöse Institute in Europa manipulieren und beeinflussen. Aus diesen Gründen muss die Ukraine die wahren Sachverhalte regelmäßig bekanntmachen, fügte er hinzu. Sobald die Informationsarbeit vernachlässigt werden würde, sei „alles mit Informationen aus Russland erfüllt“. Für die Ukraine sei es wichtig, den Kontakt zum Vatikan, zu Italien, ganz Europa und den Vereinigten Staaten aufrechtzuerhalten und besonders die ukrainische Orthodoxie zu schützen, so der Präsident weiter. Das Gesetz schütze die „ukrainische Orthodoxie vor der Abhängigkeit von Moskau und garantiert die Würde der Heiligtümer unseres ukrainischen Volkes“, verteidigt Selenskyj das Gesetz. Dieses wird auch von Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk verteidigt. Russland habe die Kirche als Werkzeug zur Militarisierung genutzt, erklärt das Oberhaupt der größten mit Rom verbundenen Kirche.


Beitragsbild: © @ JonoPhotography – Depositphotos – ID-551602256

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